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Die Welt der Kriminalistik

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Ex-Geheimagent Leo Martin bei der Mitgliederversammlung der Volksbank Mittelhessen. © Felix Leyendecker

Gießen (ixi). Die Coronapandemie hat die Volksbank Mittelhessen weniger gebeutelt als angenommen. Das machte Vorstandssprecher Dr. Peter Hanker anlässlich der Mitgliederversammlung der Volksbank Mittelhessen am Freitagabend in der Gießener Kongresshalle deutlich. Im Anschluss an die Präsentation der Zahlen wurden die Teilnehmer in die Welt der Kriminalistik entführt.

Für den Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Hubert Jung war es die letzte Mitgliederversammlung in seiner Funktion. Nach 15 Jahren im Aufsichtsrat scheidet Jung aus. Bevor das jedoch der Fall ist, zeigte er sich zuversichtlich über die Entwicklung der Volksbank Mittelhessen. »Wir müssen uns wieder auf das Wesentliche rückbesinnen. Die Rahmenbedingungen für Banken sind durch die Ereignisse geprägt, aber 2021 war ein gutes Jahr für unsere Bank«, unterstrich Jung. Eine starke Volksbank Mittelhessen habe für die Region eine wichtige Bedeutung, die Einlagen der Mitglieder machten eine regionale Gestaltung erst möglich. Gedacht wurde zudem an Dr. Hans Günther Hohn, der im Februar verstarb.

5,5 Prozent Dividende

Vorstandssprecher Hanker machte im Geschäftsbericht deutlich, dass die Bank die Schwierigkeiten der Pandemie gut überstanden habe. »Corona war eine Herausforderung, vor allem die Mittelständler mussten kämpfen. Eine Pleitewelle ist aber nicht eingetreten. Die Volksbank hat das Geschäftsjahr 2021 - wie berichtet - mit einem guten Ergebnis abgeschlossen, betonte Hanker. »Wir werden 5,5 Prozent Dividende zur Auszahlung vorschlagen und können sagen: Wir können die Bank für die Zukunft stabil halten«, unterstrich das Vorstandsmitglied.

Als Stargast des Abends hatte die Volksbank den ehemaligen Geheimagenten Leo Martin eingeladen. Er verwandelte in seiner Performance die Kongresshalle zu einem Ort für Experimente und bezog das Publikum in seinen Vortrag ein. »Menschenkenntnis ist meine Lebensversicherung gewesen. Die Anwerbung von Vertrauenspersonen im kriminellen Milieu war mein Job«, unterstrich er. Oft würden Menschen sich nach Impulsen richten und dann falsch reagieren. Ein Beispiel gefällig? Alle Anwesenden sollten sich gleichzeitig beim Wort »jetzt« setzen, nachdem Martin das Auditorium aufgefordert hatte, zunächst aufzustehen. Der Agent redete und redete, lenkte das Publikum und zählte von drei herunter und machte eine Sitzgeste, ohne jedoch das Codewort »jetzt« zu verwenden. Wie erwartet setzten sich rund 95% der Anwesenden. »Wir unterliegen im Alltag bestimmten Mustern. Die Muster können uns hemmen und Potenzial kosten, denn vieles läuft währenddessen auf Autopilot«.

Martin nutzte ein Beispiel aus der Vernehmungslehre. »Wir Menschen sind Herdentiere und vieles gibt uns ein Gefühl von Sicherheit. Unser Gehirn ist aber eine Bildverarbeitungsmaschine und keine Textverarbeitung. Wenn wir also sehen, dass sich jemand hinsetzt, ahmen wir das unbewusst nach«.

Lügner identifiziert

Martin agierte mit dem Publikum und ließ die Zuschauer mitmachen. »Wir spüren die Gesinnung unseres Gegenübers sehr schnell. Kriminalistik ist die Kunstform, sein Gegenüber innerhalb von wenigen Minuten möglichst präzise einzuschätzen. Einmal gemachte Beobachtungen haben keine Aussagekraft, erst Muster machen das möglich«.

Der Agent bat vier Zuschauer auf die Bühne und ließ sie aus einem Sack Bälle ziehen. »Einer der vier Personen hat einen schwarzen Ball. Alle sollen mich jetzt belügen und mit Überzeugung sagen, dass sie den schwarzen Ball haben«, begann Martin das Experiment. »Der Mensch lügt angeblich bis zu 200-mal am Tag. Manche in meinem Beruf schaffen das bis zur Mittagszeit, auch wenn sie erst um elf aufstehen«. Der frühere Geheimdienstler erläuterte explizit, wie Menschen lügen und wie man Lügen entlarvt. »Profiling funktioniert teilweise sogar im Alltag. Wenn das Normalverhalten abweicht, dann wird man stutzig. Dann geht Lügen in zwei Richtung: Scham oder ein Blick aus Stahl«. Schlussendlich konnte der Profiler die Lage richtig deuten und fand heraus, wer den schwarzen Ball hatte. »Das wäre jetzt peinlich gewesen, hätte ich mich für die falsche Person entschieden, aber ich war mir nur zu 60 Prozent sicher«, so Martin lachend.

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