1. Gießener Allgemeine
  2. Gießen

Die Musik des »anderen Amerika«

Erstellt:

Von: Burkhard Möller

Kommentare

MOELLERSIEBEN-B_170702_4c
MOELLERSIEBEN-B_170702_4c © Red

In der Nacht vom kommenden Dienstag auf Mittwoch schaut die Welt auf die USA, wenn bei den sogenannten Midterm-Wahlen die politischen Karten in Washington neu gemischt werden könnten. Aus diesem Anlass findet im Konzertsaal des Rathauses ein ungewöhnliches »Gesprächskonzert« statt.

Viele in Gießen kennen Gerhard Merz als schlagfertigen Politiker. Wer ihn etwas näher kennt, weiß vielleicht auch, dass er eine große Verbundenheit zu den Vereinigten Staaten von Amerika und deren Geschichte hat. Neu wird vielen sein, dass er - nicht nur in diesem Zusammenhang - gerne singt. Die Stimme des früheren Gießener Schuldezernenten und Landtagsabgeordneten kann man am kommenden Dienstagabend, 8. November, bei einem ungewöhnlichen Konzert im Hermann-Levi-Saal des Rathauses hören. Mit seiner Frau, der Musikpädagogin Claudia Jirka, und dem Licher Jazzmusiker Helmut Fischer will Merz »dem anderen Amerika« mit Songs und Geschichten aus dem 19. und 20. Jahrhundert Gehör verschaffen.

Der Anlass ist ein politischer, denn in der Nacht zum Mittwoch werden in den USA bei den sogenannten Midterm-Wahlen die beiden parlamentarischen Kammern des Kongresses gewählt, Umfragen sehen einen Sieg der Republikaner und damit eine Schwächung des demokratischen Präsidenten Joe Biden voraus.

Der Zustand der Demokratie in den USA, wo Merz Mitte der 1970er Jahre für die Gewerkschaft der Landarbeiter gearbeitet hat, treibt den Gießener schon länger um. Durch die Bewegung des vorherigen Präsidenten Donald Trump sieht er sie sogar in akuter Gefahr, was hierzulande vielen nicht bewusst sei. In Abwandlung des bekannten Zitats des früheren SPD-Verteidigungsministers Peter Struck sagt Merz sogar: »Unsere Demokratie wird auch in den Rocky Mountains verteidigt.«

Über sein Interesse an amerikanischer Geschichte, Musik und Literatur kam Merz vor einigen Jahren mit dem Musiker Helmut Fischer, den er durch seine Frau kennenlernte, über die USA ins Gespräch. Daraus entstand die Idee, das Thema mit Chor, Solisten und Geschichten auf die Bühne eines Konzertsaals zu bringen. Zweimal musste das »Gesprächskonzert«, das unter dem Motto »Pass it On - Songs of the other America« steht, in 2020 und 2021 wegen Corona abgesagt werden, am kommenden Dienstag soll es klappen.

Eineinhalb bis zwei Stunden werden die Akteure, darunter Sänger aus Claudia Jirkas Chor »Avanti dilettanti«, Johannes Langenbach (Schlagzeug), Dieter Eißel (Mundharmonika), Helmut Fischer (Klavier) musikalisch durch die US-amerikanische Geschichte ziehen, vom Bürgerkrieg über die Sklavenbefreiung bis zur Bürgerrechts- und Gewerkschaftsbewegung. Den gesellschaftlichen Umwälzungen sind Lieder entsprungen, die legendäre Singersongwriter wie Bob Dylan, Joan Baez, Pete Seeger oder Woody Guthrie weltbekannt gemacht haben. Sie alle wird man hören am kommenden Dienstagabend: Das »Glory, glory, hallelujah« der »Battle Hymn of the Republic« und aus »John Brown’s Body«, »Oh Freedom«, »This Land is your Land«, die Hymne für »Sacco und Vanzetti«, »If I had a Hammer«, »The Times they are a-changing« und so weiter.

Merz und Fischer wissen, dass sie mit dem Konzertabend am Gang der politischen Dinge in den USA nichts ändern werden, aber sie wollen zumindest ihrem Gießener Publikum vermitteln, welch großartige demokratische Tradition dort momentan auf dem Spiel steht. Spaß soll der Abend natürlich auch machen. In amerikanischer Tradition »ist das Mitsingen ausdrücklich erwünscht«, sagt Merz. Unterstützt wird die Veranstaltung, die um 19 Uhr beginnt, vom Kulturamt der Stadt.

Karten für zehn oder ermäßigt fünf Euro gibt es an der Abendkasse. Reservierungen sind per E-Mail unter merz-giessen@freenet.de möglich. Die Veranstalter bitten um Beachtung der aktuell gültigen Pandemie-Regeln.

MOELLERSIEBEN-B_170702_2_4c
MOELLERSIEBEN-B_170702_2_4c © Red
MOELLERSIEBEN-B_170702_3_4c
MOELLERSIEBEN-B_170702_3_4c © Red

Auch interessant

Kommentare