»Die Bäume sind die Krux«

Die Debatte um die Zukunft des Schwanenteichs wogt hin und her. Vertreter einer Agendagruppe warnen vor der Illusion, dass der Teich auch mit kleinen Eingriffen am Dammweg gerettet werden kann. Für die Kritik an der geplanten Rodung zeigt die Gruppe Verständnis, aber der Baumerhalt sei nicht realistisch. »Einen Tod musst du sterben«, sagt Silvia Lange.
Martin Barthelmie zeigt auf den Schwanenteich. 40 Meter vom Nordufer entfernt zieht das Wasser an der Oberfläche kreisförmige Wellen. »Dort jagt ein Hecht«, sagt der Sportangler. Kaum zu glauben, dass in dem flachen Gewässer, in dem sich seit dem Frühjahr Wasserpflanzen massenhaft vermehren, derart große Fische leben. Das sei aber so, und damit der Schwanenteich und die nebenan fließende Wieseck im Verbund ein Lebensraum für viele Fischarten bleiben können, müsse sich viel ändern. »Andernfalls wird der Schwanenteich zur Kloake«, sagt Barthelmie, der sich bei der Agendagruppe Urbane Gewässer und Gärten engagiert und dafür eintritt, dass das sogenannte »Pilotprojekt Bitterling« umgesetzt wird.
In den letzten Wochen hat sich die Agendagruppe in der Streitfrage, wie der Schwanenteich am besten saniert werden sollte, über die GAZ und in einer Diskussionsveranstaltung einen Schlagabtausch mit der Bürgerinitiative Schwanenteich Gießen geliefert. Während die BI den vom Gartenamt und der zuständigen Dezernentin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) favorisierten Neubau des Dammwegs strikt ablehnt, sieht die Agendagruppe zu diesem Vorgehen kaum Alternativen. »Wenn man den Schwanenteich auch noch für die Enkelgeneration sichern will, dann muss man jetzt handeln. Alles andere ist Wunschdenken. Einen Tod stirbt man immer«, erklärt Silvia Lange, die mit Werner Nisel und Martin Barthelmie am vergangenen Freitag zum Ortstermin gekommen ist.
Der »Tod«, von dem Lange spricht, ragt hinter ihr als grüne Wand am Nordwestufer des Schwanenteichs in die Höhe. Diese Vegetation würde vor einem Neuaufbau des Dammwegs beseitigt werden. Vor dem Hintergrund der Hitzewellen hat der drohende Baumverlust - Stichwort Stadtklima - in der Debatte an Gewicht gewonnen. »Die Bäume sind die Krux«, sind sich die Agenda-Aktiven einig und betonen ihr Engagement im Naturschutz. »Jeder Baumverlust ist schlecht«, sagt Lange, aber bei der Sanierung des Schwanenteichs werde es nicht ohne Baumverlust gehen.
Gutachten: Keine
Bäume auf Damm
Der Vorschlag von Anwohner Wilhelm Pastoors, das Problem mit dem löchrigen Damm quasi minimalinvasiv ohne Eingriff in die Vegetation zu lösen, finde sich in keinem der Gutachten wieder. Nissel verweist auf das geotechnische Gutachten, das die Stadt beauftragt hat und in dem mehrere Methoden zur Reparatur des Dammwegs beschrieben werden. »Das Gutachten zeigt, dass auch Teilsanierungen mit großen Eingriffen verbunden wären und alle Reparaturmethoden große Nachteile haben«, erklärt Nissel. Er argumentiert mit einem weiteren geotechnischen Gutachten, das 2012 im Zusammennhang mit der damaligen Planung des später abgeblasenen »Pilotprojekts Bitterling« beauftragt worden war. Darin heißt es, dass sowohl der Aufbau des Damms als auch der Bewuchs mit Bäumen und Büschen »nicht in Einklang mit den Vorgaben für Deichbauwerke« stehen und kleinere Dämme wie der am Schwanenteich »frei von Gehölzen« bleiben müssten. Solche Aussagen könne man »nicht einfach ignorieren«, meint Nissel und Lange zieht einen Vergleich in Frageform: »Was macht ein Hauseigentümer, wenn er im Garten einen Baum stehen hat, dessen Wurzeln in die Grundmauern und den Kanal einwachsen?«
Auch zum Thema Kosten bezieht die Gruppe Stellung und verweist darauf, dass sich die Schätzungen im aktuellen geotechnischen Gutachten nur auf eine Sanierungsstrecke von 60 Meter im südlichen Abschnitt des Dammwegs ab der Uferplattform an der THM beziehen, wo der Weg seit über einem Jahr wegen eines größeren Lecks gesperrt ist. Im Fall einer Sanierung auf ganzer Länge des etwa 600 Meter langen Spazierwegs würden sich diese Kosten entsprechend erhöhen.
Die Kostenspanne der sechs beschriebenen Sanierungsvarianten, die eine Alternative zum kompletten Austausch des Dammes darstellen würden, reicht für die besagten 60 Meter von gut 42 000 Euro bis 185 000 Euro.
Folgend die Varianten in Stichworten und in der Reihenfolge, in der sie von den Gutachtern gesetzt wurden:
Dammschüttung (68 000 Euro)
Dichtungs-Vorschüttung (42 600 Euro)
Dichtungsschlitz Tiefe zweieinhalb Meter (55 000 Euro)
Zementinjektionen (80 000 Euro)
Spundwand Tiefe vier Meter (94 000 Euro)
Spundwand Tiefe acht Meter (185 000 Euro)
Die Stadt geht von Gesamtkosten von 1,3 Millionen Euro für einen Neubau des Dammwegs aus. Finanziert werden soll die Maßnahme aus dem Investitionsprogramm Hessenkasse.