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Dicke Wellen im Kleinen Haus

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Von: Karola Schepp

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Schauspieler Levent Kelleli alias Rapper Speech ist einer der Gastgeber des Abends. © Red

Das Stadttheater hatte zum zweiten Mal zum »Open Mic« ins Kleine Haus eingeladen. Performen konnte dort jeder, der sich ans Mikrofon traute. Schauspieler Levent Kelleli alias Rapper Speech und sein Onkel, Rapper Aizae aus Wuppertal, animierten zum Dichten, Rappen, Singen und vielem mehr.

Hört nicht auf, zu improvisieren«, rappen Aizae und Speech im Foyer des Kleinen Hauses, das an diesem Abend von dröhnendem Bass erfüllt ist und in dem die knapp 30 Zuschauer zu Beginn noch etwas schüchtern auf den Stühlen und Sofas des Theaterfoyers Platz genommen haben. Doch Schauspieler Levent Kelleli alias Rapper Speech und sein Onkel, der Wuppertaler Rapper Aizae, meinen es mit ihrem »Open Mic« wirklich ernst, laden immer wieder dazu ein, auch freestyle zu performen, sich einfach mal ans Mikrofon zu trauen, zu dichten, rappen, singen, egal was.

Fette Beats und Soul von John Ohry

Dass sie dabei mit ihren eigenen Auftritten voll satter Beats und kluger Reime die Latte ganz schön hoch legen, sollte da niemanden entmutigen. »Ich hab’ so Bock auf diesen Rap-Shit«, freut sich Kelleli und rappt darüber, wie es ihn, den Migrantensohn aus Hamburg, auf die Bühne des Gießener Stadttheaters verschlagen hat. Und auch Onkel Aizea weiß, wie man die Zuhörer mit kernigen Reimen, aber auch zarter Poesie packt.

Die »dicken Wellen im Kleinen Haus«, die die beiden mit Ansage machen, von ihren Kumpels Henrik Loos und Skip da Beat am Mischpult und beim Beatboxing unterstützt, schwappen schnell über. Arme recken sich in die Höhe, Füße wippen im Takt mit und wie Animateure im Ferienclub locken die beiden Rapper immer wieder Zuschauer auf die Bühne - und ernten peinlich berührtes Grinsen bei den einen, erkennbare Auftrittslust bei den anderen.

Singersongwriterin Genius Jane traut sich als erste ans Mikrofon, bremst mit ihren zarten, nachdenklichen Songs zu Gitarrenbegleitung die beat-geladene Atmosphäre ein bisschen aus. Die 24-Jährige singt eigene Kompositionen über die Magie der Worte, Hippies, improvisiert über alles, was gerade im Raum passiert und kokettiert mit den Worten »Liedermachersongs sind irgendwie auch ein bisschen boring« mit der ruhig-entspannten Stimmung, die sich bei ihrem Auftritt im Publikum breitmacht. Ein Cover-Song von REO Speedwagon noch und schon wird Sänger John Ohry, der gerade erst das Foyer betreten hatte, auf die Bühne geholt. Und was der »Soulrocker« da gemeinsam mit Henrik Loos an der Gitarre bietet, ist eine Wucht. Ed Sheerans Song »18« als knackige Soulnummer und, verstärkt durch Levent Kelleli, Arlo Blacks Mitschmetterlied »I need a dollar« rauschen in die Ohren der begeisterten Zuhörer.

Opernsänger rappt Eminem-Epos

Als dann zu vorgerückter Stunde zwei Profisänger aus dem Stadttheaterensemble dazustoßen, ist das »Open Mic« endgültig gekapert. Bariton Grga Peroš, seit 2016 im Ensemble des Theaters, begibt sich mit »New York, New York« stimmgewaltig auf die Spur von Frank Sinatra und der in Kanada geborene Bass Clarke Ruth, seit dieser Spielzeit Teil des Ensembles, zeigt, dass er im Herzen ein US-Rapper ist. Eminems legendäres Rap-Epos »Without me« performt er gemeinsam mit Kelleli und liest die Lyriks auf dem Smartphone ab. Auch Will Smith’s »Prinz von Bel-Air« gerät zur großen Nummer.

Und schließlich meldet sich auch ein gewisser »Kai Loy«, im echten Leben Gießens Kulturamtsleiter Stefan Neubacher, zu einem Kurzauftritt an. Zum von Henrik Loos gemischten Beat des Beatles-Songs »Come together« trägt er einen Rap-Text seiner eigenen Band »Auf Krücken durch Rom« vor, bevor das »Open Mic« sich mit »dicken Wellen im Kleinen Haus« zur Nacht mit »Open End« entwickelt.

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Rapper Aizae © Red

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