Gießen statt Hawaii: Surf-Welle an der Lahn in Planung

Für das Freizeitangebot und den Tourismus wäre es eine Sensation: Die Stadt Gießen lässt prüfen, ob an der Lahn eine Surfwelle installiert werden kann. Hinter dem Projekt steckt eine Gruppe junger Leute, die die Uni-Stadt in ein Surf-Paradies verwandeln will.
Janne Paul Schmidt war vor zwei Wochen noch Surfen. Nicht auf Hawaii oder Bali, sondern in München. Auf der dortigen Eisbachwelle steigen geübte Surfer schon seit Jahren auf die Bretter. Wenn es nach Schmidt und seinen Mitstreitern Holger Klass, Daniel Sticher und Jan Ole Eilers geht, schwappt das Surfen demnächst auch nach Gießen. Hessisch Hawaii an der Lahn? Laut Bürgermeister Peter Neidel stehen die Chancen dafür gar nicht so schlecht.
Gießen: Bekommt die Stadt eine Surfwelle an der Lahn?
Freitagvormittag: Das Team der »Lahnwelle« trifft sich mit Bürgermeister Neidel und Frank Hölscheidt, dem Geschäftsführer der Gießen Marketing GmbH, an der Lahn. Genauer gesagt am Stadtwerke-Wehr neben der Bootsrutsche. Denn hier soll nach dem Willen der Gruppe die Surfwelle installiert werden. Zumindest in der Theorie. »Wir haben diese Woche eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben um zu prüfen, ob solch ein Projekt realisierbar ist«, sagt Neidel. Vor allem ökologische Aspekte sollen untersucht werden. Hölscheidt fügt an, dass mit Professor Markus Aufleger ein renommierter Fachmann mit der Machbarkeitsstudie betraut worden sei. Aufleger kümmert sich derzeit um eine künstliche Welle in Nürnberg, die an der Pegnitz gerade für 1,5 Millionen Euro gebaut wird.
So teuer soll es in Gießen nicht werden. »Die günstigste Variante kostet etwa 70 000 Euro, allerdings wäre da viel Eigenleistung notwendig«, sagt Schmidt. Im Gegensatz zu anderen Städten schwebt den Lahnwelle-Machern auch keine elektrische Variante vor. Vielmehr soll eine Art Rampe am Wehr befestigt werden, deren Winkel verändert werden kann. Dadurch wird das abfließende Wasser verlangsamt und erzeugt einen sogenannten Wechselsprung. Das Ergebnis: eine stehende Welle.
Noch ist das gesamte Projekt Theorie. Vor allem mögliche Einflüsse auf die Natur und das Wasserschutzgebiet sollen in der Machbarkeitsstudie untersucht werden. Hölscheidt hat aber bereits mit mehreren Interessensvertretern gesprochen, wie er betont, darunter auch mit Naturschutzgruppen und der Schifffahrtsbehörde. »Von keiner Seite wurde uns gesagt, dass das Projekt vollkommen unrealistisch ist.«
Surfwelle an der Lahn in Gießen: Projekt auch für Kajakfahrer interessant
Auch die Männer von der Lahnwelle haben schon viele Gespräche geführt. Zum Beispiel mit den beiden hier ansässigen Angelvereinen. Laut Schmidt stehen sie der Welle offen gegenüber, da dadurch die störenden Verwirbelungen hinter dem Wehr verschwinden könnten. Abgesehen davon, sagt Schmidt, könnte durch die Welle zusätzlicher Sauerstoff ins Wasser gelangen, was für die Lahn positive Auswirkungen hätte.
Mit dem Ski- und Kanu-Club Gießen haben Schmidt und seine Kollegen, die allesamt leidenschaftlicher Surfer und/oder Wakeboarder sind, bereits prominente Unterstützer. »Wir befürworten das Projekt und wollen dabei sein«, sagt Jan Legner und betont, dass solch eine Welle auch für Kajakfahrer sehr interessant sei.
Und auch Neidel zeigt sich angetan. »Das Projekt ist eine tolle Sache. Eine stehende Welle würde gut in die junge Stadt Gießen passen, die sich ohnehin immer mehr zur Lahn ausrichtet.«
Gießen: Umsetzung des Surfwellen-Projektes in drei bis sieben Jahren realistisch
Allerdings müssen sich die heimischen Surfer noch gedulden. Schmidt sagt, in der Regel dauerte die Umsetzung solch eines Projekts zwischen drei und sieben Jahren. Neben bürokratischen Hürden sei vor allem die Montage eine große Herausforderung. »Das geht nur, wenn die Stelle trockengelegt wird.«
Immerhin: Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie sollen laut Hölscheidt noch vor dem Sommer vorliegen. »Dann wissen wir mehr.«
Übrigens haben die beiden Gießener Bands »OK KID« und »Juli« den Lahnwelle-Machern schon ihre Unterstützung zugesagt und das Vorhaben in den sozialen Medien beworben. Damit durch die «Stadt ohne Meer« vielleicht wirklich irgendwann »die perfekte Welle« schwappen kann.