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Der Schuldenberg wächst

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Von: Burkhard Möller

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Belastet den Finanzhaushalt mit 22 Millionen Euro: Die Stadt will das Bürogebäude auf dem früheren Blecher-Areal an der Ecke Ostanlage/Moltkestraße, in dem das Jugendamt untergekommen ist, im nächsten Jahr kaufen. © Oliver Schepp

Der befürchtete massive Einbruch bei den Steuereinnahmen durch die Corona-Pandemie ist ausgeblieben. Dennoch tut sich im Haushalt der Stadt ein großes Loch auf. Und der Schuldenberg könnte in den nächsten Jahren in ungeahnte Höhen wachsen. Der Magistrat argumentiert mit einem Nachholbedarf.

Es ist nur eine von über 200 Spalten in den Listen mit den Änderungsanträgen, die der Magistrat, die Fraktionen des Stadtparlaments, die Ortsbeiräte und der Jugendhilfeausschuss zum Stadthaushalt 2023 in den letzten Wochen und Monaten eingereicht haben. Aber diese eine Spalte auf der zweiten Magistratsänderungsliste hat den Finanzhaushalt, in dem die geplanten Investitionen der Stadt abgebildet werden, regelrecht explodieren lassen. Die 22,1 Millionen Euro, die der Magistrat im kommenden Jahr für das neue Bürogebäude auf dem früheren Blecher-Areal an der Ecke Ostanlage/Moltkestraße hinblättern will, wird die Nettoneuverschuldung, die die Differenz zwischen Schuldenabbau und neuen Schulden zeigt, auf über 32 Millionen Euro ansteigen lassen. Mit dem Kauf gibt der Magistrat der einmaligen Belastung des Finanzhaushalts den Vorzug vor einer langfristigen Belastung des Ergebnishaushalts durch Mietzahlungen. »Der Kauf ist wirtschaftlicher«, teilte Bürgermeister und Stadtkämmerer Alexander Wright (Grüne) am Montag im Haupt- und Finanzausschuss mit.

Kritik an hohen Personalkosten

Unter der souveränen Leitung von Thiemo Roth (CDU) kämpften sich die Ausschussmitglieder über drei Stunden lang durch die langen Änderungslisten mit den über 200 Einzelanträgen zum Haushaltsplanentwurf, den Wright im Oktober eingebracht hatte.

Zum Finanzhaushalt hatte der Magistrat zwei Listen beigesteuert. Bereits bei der ersten war die Neuverschuldung aufgrund zusätzlicher Ausgaben im Schulbau von gut 16 Millionen auf fast 21,5 Millionen gestiegen, mit der zweiten wurden die 30 Millionen dann überschritten. Zudem sieht die mittelfristige Finanzplanung bis 2026 weitere fast 90 Millionen Nettoneuverschuldung vor. Die Gesamtverschuldung der Stadt könnte sich demnach in den nächsten Jahren auf die 300 Millionen Euro zubewegen. Die Investitionsspitze ist im Jahr 2025 erreicht. Dann sieht der Plan eine Nettoneuverschuldung von 37,5 Millionen Euro vor.

Dagegen hat es im Ergebnishaushalt, der die laufenden Kosten der Verwaltung abbildet, im Vergleich zum Entwurf beim Defizit nur noch einen kleineren Anstieg von rund 300 000 Euro auf nunmehr 14,2 Millionen Euro gegeben. Kritik übte FDP-Fraktionschef Dominik Erb an den immer weiter steigenden Personalkosten. Deren Anstieg stehe in keinem Verhältnis zum wiederholt als Begründung vom Magistrat genannten Einwohnerzuwachs.

Stadträtin Gerda Weigel-Greilich (Grüne) verwies auf den Nachholbedarf, der sich nach der Stellenbesetzungssperre in den Jahren unterm kommunalen Schutzschirm ergeben habe. Dies betreffe unter anderem die Kinderbetreuung, bei der der Personalbedarf durch mehr Einwohner besonders hoch sei. Einen Antrag der FDP, die zum 30. Juni kommenden Jahres unbesetzten Stellen aus dem Haushalt zu streichen, fand erwartungsgemäß keine Mehrheit.

Überhaupt kam die Opposition bis auf wenige Ausnahmen, als die Koalition kleineren Anträge der CDU mit Reduzierung der Ansätze zustimmte, nicht durch. Einige Änderungen kamen auch von der Koalition aus Grünen, SPD und Gießener Linke, die so politisch Flagge zeigen will. Unter anderem will die Koalition 10 000 Euro für weitere Planungen zum »Projekt Lahnwelle« ausgeben. »Das Projekt läuft weiter«, so die Botschaft von SPD-Fraktionschef Christopher Nübel. Dass es der Magistrat mit der Realisierung ernst meine, zeige auch, dass der am Montagabend abwesende Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher die Fuchsloch-Surferwelle auf der Pegnitz in Nürnberg besichtigt habe, hieß es ergänzend von der Magistratsbank. Die von FDP-Erb spontan beantragte Aufstockung auf 50 000 Euro lehnte die Koalition ab.

Liebighalle: Stadt setzt auf Investor

Im Finanzhaushalt wäre die Neuverschuldung übrigens noch höher, wenn der Magistrat nicht eine Million Euro für den Abriss der maroden Doppelturnhalle an der Liebigschule gestrichen hätte. Wie berichtet, soll der Neubau der Sporthalle von einem Privatinvestor errichtet und von der Stadt angemietet werden. Stand jetzt geht Schuldezernentin Astrid Eibelshäuser (SPD) davon aus, dass dieser Investor erstens gefunden wird und zweitens auch den Abriss übernehmen wird. »Wir sind ganz guter Dinge«, sagte die Stadträtin. Sollte das Investorenmodell nicht zustande kommen, müssten die Mittel für 2023 im Frühjahr nachbewilligt werden. Eine Schätzung geht von Gesamtkosten in Höhe zwischen 16 und 20 Millionen Euro aus. Diese würden die Neuverschuldung in den nächsten Jahren noch höher steigen lassen, wenn die Stadt selbst baut..

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