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Der Marschall und sein letzter Zug

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Von: Lea Seitz

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Zugmarschall Bernd Hachenberger und sein zukünftiger Nachfolger Björn Lammek vor »ihrer« Lok. © Oliver Schepp

Nach zwei Jahren Pause wird der Fassenachtszug der GFV am Sonntag wieder durch Gießen rollen. Zugmarschall Bernd Hachenberger wird ihn mit einem lachenden und einem weinenden Auge verfolgen. Es ist der letzte »Zuch« unter seiner Verantwortung. Doch er hat auch Grund zum Feiern.

Wenn der Gießener Zugmarschall Bernd »Hacki« Hachenberger in Zivil vor seinem Umzugswagen steht, ist die Ähnlichkeit nicht ganz offensichtlich. Die graue Baseballmütze muss er noch gegen die blau-rote Narrenkappe austauschen, den schwarzen Kapuzenpulli gegen seine prachtvolle Uniform. Dann erst kann der »Zuch« der Gießener Fassenachts-Vereinigung (GFV) mit Hachenbergers Konterfei auf dem ersten Wagen beginnen. Denn ohne ihn läuft seit 2015 beim Umzug nichts.

Auch am Sonntag um 13.33 Uhr wird der Zugmarschall den närrischen Lindwurm durch die Stadt anführen. Für Hachenberger wird das ein ganz besonderer Moment. Es ist nicht nur der letzte Umzug, den der Gießener organisiert, er feiert ausgerechnet am Sonntag auch noch seinen 60. Geburtstag. Nicht auszuschließen, dass an der einen oder anderen Stelle der neuen Route (siehe Info-Kasten) ein Geburtstagsständchen für den Zugmarschall angestimmt wird. In Björn Lammek steht sein Nachfolger bereits fest.

»Es hat immer Spaß gemacht mit feierfreudigen Menschen diesen Sonntag zu gestalten«, zieht Hachenberger die Bilanz der letzten acht Jahre als Zugmarschall. Das Schönste sei dabei gewesen, »zu sehen, wie die Kinder lachen, wenn sie die Bonbons aufheben, und auch die Eltern, die sich darüber freuen«. »Wenn man weiß, was man im Vorfeld alles leisten musste, ist es etwas Besonderes, zu sehen, wie toll beim Umzug dann ein Rädchen ins andere greift«, sagt Hachenberger, der sich mit einem weiteren Jubiläum verabschiedet. Die GFV wird 2023 66 Jahre alt. Passend dazu werden am Sonntag genau 66 Nummern am »Zuch« teilnehmen.

Kontrolle durch den TÜV

Gut eine Woche vor dem Umzug kommt der TÜV in die Halle der GFV am Stadtrand und überprüft die Wagen. Schon im Vorfeld werde bei Umbauten immer Rücksprache gehalten, sagt Hachenberger, sodass die Überprüfung an diesem Tag innerhalb von zwei Stunden erfolgen kann. Ein Problem gibt es diesmal nicht, denn über das ganze Jahr hinweg kümmert sich der Zugmarschall mit seinem Team um anfallende Wartungsarbeiten. »Wir treffen uns jeden Samstag zu zweit oder dritt, um zwei Stunden lang an den Wagen zu arbeiten«, sagt Hachenberger. Es gebe schließlich immer etwas zu tun.

Eine wichtige Vorgabe ist zum Beispiel, dass der Abstand zwischen Wagen und Boden höchstens 25 Zentimeter betragen darf. »Damit Kinder oder auch größere Bonbonjäger nicht unter die Wagen geraten können«, schreibt Hachenberger dazu in der aktuellen Zugordnung.

Fast zwei Tonnen Süßes pro Wagen

Ende der vergangenen Woche ist auch das Wurfmaterial in der Halle eingetroffen. GFV-Schatzmeisterin Sabine Hachenberger verteilt die Süßigkeiten auf die elf Wagen der GFV. Etwa eineinhalb bis zwei Tonnen finden in einem der großen Wagen Platz.

Bonbons, Chips und Lollis sind durchaus auch ein Kostenfaktor für die Karnevalisten, die in dieser Kampagne an anderen Orten in Hessen schon über deutlich gestiegene Aufwendungen geklagt haben. In Gießen kann da aber Entwarnung gegeben werden. »Durch die geänderte Streckenführung haben wir zwar etwas andere Kosten als sonst. Aber sie übertreffen das Maß der normalen Preissteigerung nicht«, sagt GFV-Präsidentin Anja Helmchen. Auch müsse nicht, wie andernorts, externes Sicherheitspersonal beauftragt werden. »Unsere Gruppen im Wagen sind schon immer alleine dafür verantwortlich, dass sie von Wagenengeln begleitet werden«, erklärt Helmchen. Die Wagenengel müssen darauf achten, dass sich niemand zu nah an den Wagen aufhält. Bis zu vier Personen werden dafür gebraucht. »Bei den Kindergruppen sind oft sowieso die Eltern dabei«, sagt Helmchen.

Ab Aschermittwoch steht für die GFV das Reinemachen an. Jede Gruppe putzt ihren Wagen. Danach ist Schluss für Hachenberger. Oder? »Ich werde mit Rat und Tat zur Seite stehen«, sagt er. Denn für ihn sei »undenkbar», sich von der Fassenacht zu trennen. »Meine Frau und ich werden immer Teil der GFV sein.«

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