Der Lkw-Fahrer und sein Auftrag

Seit fast 35 Jahren engagiert sich Klaus Dewald bei GAiN. Dabei fährt er Hilfslieferungen in Länder wie Armenien, die Ukraine oder Afghanistan. Nun hat er sein Leben gemeinsam mit Hauke Burgarth auf 302 Seiten aufgeschrieben.
Wer ist zum ersten Mal hier?«, fragt Tabitha Funck vom Kommunikationsteam GAiN (Global Aid Network, Globales Hilfsnetzwerk) die circa 100 Personen vor ihr. Gut die Hälfte meldet sich. »Und wer kennt Klaus nicht?«, fragt sie weiter. Nun geht keine Hand in die Höhe.
Klaus Dewald kennen wohl die meisten aus dem Publikum als Gründer von GAiN. Nicht im Detail bekannt sein dürften seine Erlebnisse in Uganda aus dem Jahr 2005, die Autor Hauke Burgarth aus »Ein Mann. Ein Leben. Ein Auftrag. Mit Gott in die gefährlichsten und ärmsten Länder der Welt.« vorträgt. Die Szenerie um ihn herum ist, passend zu Dewalds Wirkungstätte, ein wohnlich anmutender und mit Teppich und Ohrensessel ausgeschmückter Frachtraum eines Lkw.
Nie Engagement in Afrika gewollt
Zunächst, so erfahren die Zuhörer, wollte Dewald auf keinen Fall nach Afrika. Trotz jahrhundertelangem Engagement hätten Tausende Helfer und Missionare dort keine Veränderung bewirkt. Noch immer lebten 40 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze und auch Dewald selbst wusste nicht, wie das zu ändern sei. »Sollten doch andere sich in Afrika engagieren, ich jedenfalls nicht.« Dann besuchte er das mit einem Freund bekannte Ehepaar Piet und Pieta Buitendijk, die als Missionare nach Uganda gekommen waren und schon mehrere einfach vor ihrer Haustür abgelegte Pflegekinder aufgenommen hatten. Dies passierte auch, als Dewald mit seiner Frau zu Besuch war: Wieder lag ein Baby vor der Haustür. Dewald beschreibt, wie Pieta schon Routine hatte, das Baby wusch, wickelte und ihm ein Fläschchen gab. Dann gingen sie gemeinsam zur Polizei. Der Polizist hatte nichts in Bezug auf das Baby gehört. Er holte einen großen Mülleimer und sagte: Ihr könnt es hier reinwerfen. Es ist wertlos.«
Dewald war entsetzt über diese Aussage und sprach den Polizisten an: »Dann musst du Gott sein.« »Warum?«, fragte der. »So eine Entscheidung über Leben und Tod ist allein Gottes Sache!« Das Mädchen nahmen sie wieder mit. Es bekam den Namen Veronica. Dewald wusste seit dem Moment, dass er doch nach Afrika wollte. Burgarth liest vor, dass ein Foto Veronicas in Dewalds Gießener Büro hängt. Dewald erklärt in seiner Biografie, dass er jedes Mal, wenn er vor Frust über Behörden - die GAiN als Unternehmen einstufen möchten, sowie wegen anderer Hindernisse - alles hinschmeißen möchte, nur dieses Foto anschauen muss - und dann weitermacht. Veronica sei mittlerweile 26 Jahre alt.
Noch weitere Geschichten über die Schützlinge von Piet und Pieta bekommen die Zuhörer zu hören: Da ist der Säugling, der in ein Plumpsklo geworfen wurde und dessen 14-jährige Mutter sich einfach nicht anders zu helfen wusste, nachdem sie im Zuge einer Vergewaltigung schwanger und als Konsequenz aus ihrer Familie geworfen wurde.
Oder die Drillinge, deren Mutter bei der Geburt verblutete und die keiner aufnehmen wollte, weil bereits Zwillinge einem Aberglauben zu Folge Unglück bringen und das Stillen eines fremden Kindes dazu führen soll, dass ein eigenes Kind stirbt.
Wie das Buch entstand
»Vor gut dreieinhalb Jahren bekam ich einen Anruf vom Hänssler Verlag«, erinnert sich Burgarth. Dieser war über Artikel des freiberuflichen Journalisten auf ihn aufmerksam geworden. »Sie schlugen vor, eine Biografie für sie zu schreiben«, sagt er. Nachdem Biografien über zwei vom Verlag vorgeschlagene Männer geschrieben waren, dachte er: »Ich kenne da auch jemanden.« Dieser Jemand war Dewald, für dessen Organisation GAiN sich Burgarth bereits seit 25 Jahren engagiert.
»Ich sagte: Okay, wenn viel Kaffee im Spiel ist«, berichtet Dewald. Über ein gutes halbes Jahr habe man sich immer tagsüber für zwei Stunden in Dewalds Büro getroffen. Das sei natürlich auch nicht immer möglich gewesen, da Dewald unterwegs war, um Hilfslieferungen auszufahren. Burgarth habe Fragen gestellt und Dewald bei angeschaltetem Diktiergerät erzählt.
Herausgekommen ist ein Buch von gut 300 Seiten, das im Hänssler Verlag erschienen ist. Nach Ländern geordnet, berichtet Dewald darin über seine Erlebnisse.
Auch die Geschichte rund um die Entstehung der Gießener Hilfsorganisation GAiN, die zur Missionsbewegung »Campus für Christus« gehört, kann darin nachgelesen werden.