1. Gießener Allgemeine
  2. Gießen

Der lange Weg zum Eis

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Christine Steines

Kommentare

cg_10_eis_190522_4c_1
Ein Eis in der Mittagspause: Die Wartezeit dient der Entscheidungsfindung. © Christine Steines

Platz da! Ein Radler ist vom Marktplatz Richtung Kirchenplatz unterwegs. Er durchpflügt entschlossen die Warteschlange, die sich vor der »Eisliebe« des Türmchens gebildet hat. Die meisten lächeln milde und beachten den Mann nicht weiter. »Fahr doch außen herum, da ist genug Platz«, entgegnet eine Wartende, doch auch sie lässt sich die Laune nicht verderben.

Der Weg zum Eis ist lang an schönen Tagen - aber was soll’s? Die Sonne scheint, es ist Mittagspause, die Zeit des Wartens kann man mit der schwierigen Entscheidungsfindung verbringen. »Limette Basilikum finde ich cool«, das nehme ich, sagt eine junge Frau, die mit zwei Kommilitonen ansteht. Ihre Begleiter schwanken noch zwischen Salzkaramell und Himbeer.

Eine Kugel kostet 1,40 Euro, da will die Wahl gut überlegt sein. »Benutzt ihr eigentlich noch Bargeld?, beginnt eine Frau eine Diskussion mit ihren Freunden. Sie kramt in ihrem Portemonnaie. »Eigentlich brauche ich es ganz selten, aber ich habe immer etwas dabei«, ergänzt sie. Die anderen nicken. So geht es ihnen auch. Die Großeltern schenken öfter mal Bargeld. Das kommt dann in die Spardose, und kleine Scheine werden gleich ausgegeben. Zum Beispiel für ein leckeres Eis »Homemade with Love«.

Ein paar Meter weiter nutzen Kunden die letzten Stunden des Wochenmarkts für ihren Einkauf. Auf dem Kirchenplatz fährt ein Lkw des Gartenamtes vor. Die Mitarbeiter bringen die riesigen Oleander, die bisher noch in ihrem Winterquartier schlummerten. Der Platz wird fein gemacht für die Saison, die Passanten beobachten die Szene wohlwollend. Willkommen zurück, möchte man den prächtig blühenden Pflanzen zurufen. Der Sommer kann kommen.

Nur noch wenige Schritte bis zum Tresen. »Einen kleinen Moment mal«, ruft ein junger Mann und bahnt sich einen Weg nach vorne zur Glasscheibe. Der Türmchen-Mitarbeiter sprüht und wischt eifrig, sodass kein Staubkorn die Sicht auf die Eissorten trübt.

»Wenn es blaues Schlumpf-eis gibt, nehme ich das«, verkündet einer der Vordermänner. Die Studierenden neben ihm lachen. Sie scannen schnell noch mal das Angebot ab. »Einmal Pistazie-Granatapfel-Pistaziencreme und Mango in der Waffel«, bittet der Schlumpfeis-Fan. Das klingt doch ziemlich erwachsen. Den blauen Kindheitstraum kann er sich nicht erfüllen. So richtig schlimm findet er das offenbar jedoch nicht. (cg)

Auch interessant

Kommentare