Das Gefahrenabwehrzentrum Gießen: Ein Stützpunkt mit Schaufenster

In rund einem Jahr soll der neue Stützpunkt von Stadt und Kreis für die Feuerwehren und den Katastrophenschutz einsatzbereit stehen. Sein Potenzial lässt sich bereits erahnen.
Gießen – 100 Meter können einem ganz schön weit vorkommen. Tatsächlich sind es noch ein paar Meter mehr bis zum anderen Ende der Halle, in die ein bläuliches Licht fällt, weil auf den Scheiben der großen Rolltore noch die Schutzfolie klebt. 21 Tore sind es auf der Ostseite. Sieben weitere auf der Westseite, durch die künftig die Fahrzeuge der Gießener Berufsfeuerwehr und des Fachdienstes Gefahrenabwehr des Landkreises aus- und einfahren können. Zur Straße Stolzenmorgen hin, wo der Alarmzug seine Stellplätze haben wird, ragt eine über fünf Meter hohe Glasfront in die Höhe. »Das ist unser Schaufenster«, erklärt Tim Bauerfeind vom Planerbüro TRU Architekten aus Berlin schmunzelnd.
Baustelle Gefahrenabwehrzentrum: Preise für Baustoffe steigen
Ein Jahr vor der geplanten Inbetriebnahme des großen neuen Stützpunkts für die Feuerwehren und den Katastrophenschutz in Stadt und Landkreis Gießen gewähren die beiden Bauherrinnen, Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz und Landrätin Anita Schneider, am Dienstag erste Eindrücke vom Inneren des GAZG (Gefahrenabwehrzentrum Gießen), das derzeit noch von einem Gerüst umstellt ist.
Dahinter werden die Fenster und die Holzplatten sichtbar, auf die noch die Fassade aus Alublech kommt. Wenn die Sprache auf die Baustoffe und Bauleistungen kommt, sind die Preissteigerungen nicht weit. Holz, Aluminium, Stahl und Trockenbau zählt Sebastian Bravetti als aktuelle Preistreiber auf. »Ein Ende ist momentan nicht absehbar«, sagt der Mitarbeiter des Hochbauamts zur Marktlage.
Neues Gefahrenabwehrzentrum in Gießen: Kosten nun bei knapp 36 Mio. Euro
Im Moment lautet die Hochrechnung von Landrätin Schneider für den fertiggestellten Stützpunkt 35,9 Millionen Euro; »nur« 600.000 Euro mehr als bei den letzten ergänzenden Finanzierungsbeschlüssen von Stadtparlament und Kreistag im vergangenen November. Bei den 35,9 Millionen wird es nach Einschätzung von Schneider angesichts der Entwicklung der Baukosten aber nicht bleiben. Immerhin ist das Ende in Sicht: 86 Prozent aller Gewerke sind ausgeschrieben worden.
Auf der Baustelle indes wird sichtbar, dass Feuerwehren und Katastrophenschützer und damit auch die Bevölkerung in Stadt und Landkreis für das viele Geld auch ein »ganz anderes Niveau« (Schneider) an Gefahrenabwehr bekommen werden.
Gut 150 Mitarbeiter der Stadt und des Landkreises werden ab Sommer 2022 am Stolzenmorgen rund um die Uhr arbeiten. Über der Fahrzeughalle werden die Männer und Frauen der Berufsfeuerwehr ihre Wache und ihre Schlafräume haben. Wie es sich für eine Feuerwache gehört, wird der Höhenunterschied im Alarmfall an Rutschstangen überwunden. »Die Alarmwege sind auch im Gebäude kurz«, erläutert OB Grabe-Bolz.
Gießen bekommt Gefahrenabwehrzentrum – Auch Zugunfälle werden simuliert
Aus den Aufenthalts- und Büroräumen im Obergeschoss, an das stellenweise eine breite Terrasse angrenzt, geht der Blick über das weitläufige Gelände des früheren US-Depots. Zwischen dem GAZG und der gewaltig großen Baustelle des Logistikzentrums von VGP liegt das Außentrainingsgelände mit dem Übungsturm. Hier können auch die ehrenamtlichen Feuerwehrleute aus den freiwilligen Wehren der Stadt und des Landkreises künftig den Ernstfall trainieren. Sogar ein Gleis wird verlegt, um Zugunfälle simulieren zu können. »Es wird auch eine schiefe Ebene geben«, sagt Bravetti. Der Schlauchturm war aus Kostengründen gestrichen worden. Die Schläuche werden künftig in einer riesigen Waschmaschine mit Trockner für den nächsten Einsatz aufbereitet.

Viel Platz wird der neuen Einsatzleitzentrale eingeräumt. Kaum zu glauben, dass dieser hohe Raum in einem Jahr mit Technik und Monitoren vollgestopft sein wird. Es geht aber noch mehr. TRU Architekten haben die Niederlassung des Deutschen Wetterdienstes vor den Toren Berlins geplant. »Da macht die Technik 45 Prozent der Baukosten aus«, sagt Tim Bauerfeind. (Burkhard Möller)