Chapeau, Mr. Walker!

Krimiautor und Gourmet Martin Walker bringt französisches Lebensgefühl in den Hermann-Levi-Saal. Und er verspricht mit einem Augenzwinkern: »Mit einem Glas Rotwein werde ich zur Rampensau.«
Wenn ein Schotte, der im Périgord in Frankreich lebt, in Deutsch auf Fragen der Moderatorin antwortet, dann kann das nur eine höchst unterhaltsame Veranstaltung werden. Und das war sie auch: Auf Einladung der Deutsch-Französischen Gesellschaft Wettenberg, der Stadtbibliothek Gießen und dem ZiBB (Verein für interkulturelle Bildung und Begegnung) kam Martin Walker für die Buchvorstellung seines jüngsten Bruno-Romans nach Gießen in den Hermann-Levi-Saal.
Walkers Bruno-Krimis sind Kult, wurden in 18 Sprachen übersetzt. Auch in Gießen gibt es eine starke Fangemeinde. Daher war es auch wenig verwunderlich, dass auf die Frage hin, wer Bruno denn kenne, die überwiegende Mehrheit der Anwesenden den Finger hob. Bruno ist Polizeichef in einem kleinen Ort inmitten des Périgord und muss sich mit den kriminellen Machenschaften seiner Mitmenschen auseinandersetzen. Im mittlerweile 14. Band »Tête-à-Tête« beschäftigt sich der Chef de police, der nebenbei noch hervorragender Koch, Gärtner und Tennisspieler ist, mit einem alten Fall, einem »Cold Case«. Neben dem eigentlichen Kriminalfall beschreibt Walker liebevoll Leidenschaften und Sitten der Region - und es sind gerade diese Abschnitte, die seine Bücher so lesenswert machen. Sie sind eben mehr als reine Kriminalfälle. Weitere Bände seien in Arbeit, verriet Walker dem Auditorium.
Wie viel Martin steckt in Bruno?
Walker ist Historiker und Journalist, arbeitete für diverse Zeitungen und hat die gesamte Welt bereist. Sesshaft wurde er in dem kleinen südfranzösischen Ort Le Bugue im Périgord, der als Vorlage für das fiktive Städtchen Saint-Denis dient, in dem Bruno Verbrechen aufklärt. Natürlich musste diese Frage von Moderatorin Annette Spiller, Redakteurin dieser Zeitung, gestellt werden: Wie verschlägt es einen Schotten ins Périgord? Seine Antwort war so einfach wie einleuchtend: Ein guter Freund stammte daher, man besuchte sich gegenseitig, und Walker fühlte sich dort sehr willkommen. Eines Tages, gerade als er im Oval Office auf Präsident Bill Clinton wartete, rief ihn seine Frau Julia an, um ihm zu sagen, dass sie ihr Haus in Frankreich gefunden habe. »Seitdem leben wir dort« - und genießen das »Savoir vivre«. Dazu gehört auch das Glas Rotwein auf dem Pult. Das brauche er, denn er habe vor Lesungen immer noch Lampenfieber, bekannte der berühmte Autor. Und versprach mit einem Augenzwinkern: »Mit einem Glas Rotwein werde ich zur Rampensau.«
Natürlich wollte Spiller auch wissen, wie viel Martin in Bruno stecke, schließlich seien die Parallelen unübersehbar. Nicht nur, dass er und seine Figur dort leben, beide sind auch stolze Basset-Besitzer. »Bassets sind gute Trüffelsucher«, lautete Walkers Antwort. Ein Argument, das in Frankreich zählt, keine Frage. »Dort ist ein wunderbarer Ort, und meine Figuren werden nicht älter. Ich bin nicht so gut wie Bruno«, ergänzte er lächelnd. Der Polizist spiele weitaus besser Tennis und könne besser kochen als er. Jedoch versicherte der Autor, dass sämtliche Rezepte in den Büchern vorher von ihm selbst ausprobiert worden seien, mit Unterstützung seiner Frau. »Sie ist eine viel bessere Köchin als ich.« Kochen und Gärtnern sind Walkers Leidenschaften. Diebisch gefreut habe er sich über zwei Auszeichnungen, die seine beiden Kochbücher (Brunos Kochbuch und Brunos Gartenkochbuch) erhalten hätten. »Dass ein Schotte eine Auszeichnung vom französischen Gourmand International erhalten hat, das war für meine französischen Freunde ein Schock.«
Zum Abschluss ein Chanson
Die Dramaturgie der Lesung war so ungewöhnlich wie passend: Während der glänzend vorbereitete und den Gießenern wohlbekannte Schauspieler Rainer Hustedt Passagen auf Deutsch vortrug, ließ es sich Walker nicht nehmen, einige Auszüge englisch zu lesen. Somit wurde die Lesung zum multi-kulturellen Event, bei dem man viel über den Landstrich, die Leute und den Autor erfuhr. Walker ist zudem für Überraschungen gut. So beendete er den Abend mit einem Chanson von Jacques Brel - selbst gesungen. Chapeau, Mr. Walker!