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Nach Vice-Doku und Festnahme: „Banks“ aus Gießen ist zurück in der Öffentlichkeit

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Von: Kays Al-Khanak

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Im Sommer 2021 wird der mutmaßliche Dealer mit dem Pseudonym „Banks“ aus dem Kreis Gießen verhaftet. Nun ist er zurück: In den sozialen Medien und in einem Podcast.

Gießen - Er hat jetzt einen Instagram-Account mit über 8000 Nutzern, die ihm folgen. Darauf schreibt er: »Ja, ich bin echt der aus der Doku…« Sich selbst bezeichnet er als Youtuber; auf der Videoplattform im Internet hat er 20 Videos hochgeladen, 52 200 Nutzer haben seinen Kanal abonniert. Einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden ist der Mann mit dem Pseudonym »Banks« ebenfalls über Youtube. Das Magazin Vice mit Sitz in Berlin hatte den Mann aus dem Kreis Gießen für eine Reportage bei mutmaßlichen Drogendeals begleitet. Dort warnte »Banks« vor chemisch gestrecktem Cannabis. Die weiße Maske, sein auffälliges Accessoire in dem Beitrag, findet sich auf seinen Profilen in den sozialen Medien wieder. Nach seiner Inhaftierung im Juni 2021 hat er sich nun in einem Podcast zu Wort gemeldet. Er spricht über die geplante Legalisierung von Cannabis in Deutschland, über seine Verhaftung und über seine Zeit im Butzbacher Knast.

Der Podcast, in dem »Banks« als Gesprächspartner auftritt, heißt »Grasland«. Vice-Chefredakteur Tim Geyer spricht dort mit Menschen, die irgendwie mit Cannabis zu tun haben: Polizisten, Richter, Politiker oder Dealer. Aus »juristischen Gründen«, sagt Geyer in seiner Anmoderation, nenne er seinen Gast »die Kunstfigur Banks«. Denn gegen diesen laufen weiterhin Ermittlungen der Gießener Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Deshalb sind die beiden Interviewpartner auf eine vorsichtige Wortwahl bedacht. Mit dem Prozessbeginn ist im nächsten halben Jahr zu rechnen.

Mutmaßlicher Drogendealer „Banks“ aus Gießen: „Kunstprodukt mit Message“

Das Video ist für Polizei und Staatsanwaltschaft ein wichtiges Indiz bei den Ermittlungen. Im Sommer 2020 hatte sich »Banks« von einem Vice-Kamerateam in Gießen begleiten lassen. Neben dem Hochhaus an der Pater-Delp-Straße in der Weststadt ist bei einer Fahrt durch die Stadt die Agentur für Arbeit an der Nordanlage zu erkennen. In dem 15-minütigen Beitrag erzählt er, dass er große Drogenlieferungen meist von niederländischen Gruppen der Organisierten Kriminalität erhalte. Die Räumlichkeiten, die er als Bunker nutze, seien auf eine Person ohne Vorstrafen angemietet. Er verkaufe bis zu 30 Kilo Cannabis im Monat; der Umsatz liege bei bis zu 120 000 Euro. Seine Botschaft im Beitrag ist aber: Seit Jahren werde Cannabis mit synthetischen Cannabinoiden gestreckt. Die Konsumenten seien ungewollt »Chemie-Junkies«, das gestreckte Gras mache abhängiger und sei gefährlicher.

Im Juni 2021 klicken bei »Banks« die Handschellen - vor den Räumen seines Start-Ups, die er im Technologie- und Innovationszentrum im Europaviertel bezogen hatte. Dort fanden die Ermittler nach eigenen Angaben eine Cannabis-Plantage mit 100 Pflanzen und bei einer weiteren Wohnungsdurchsuchung 1,3 Kilogramm Marihuana.

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»Banks« lässt sich in der Weststadt auf einem Spielplatz filmen. SCREENSHOT: VICE © Red

»Banks« erzählt im Podcast von der Verhaftung. Vor dem Gebäude seien »aus allen Himmelsrichtungen« Beamte auf ihn zugekommen und hätten ihre Waffen auf ihn gerichtet. Weil sie zuerst keinen Durchsuchungsbeschluss hätten vorzeigen können, habe er lange mit Handschellen vor dem Gebäude warten müssen. Das sei »peinlich« gewesen. Am nächsten Tag sei er dem Haftrichter vorgeführt und dann in die Justizvollzugsanstalt Butzbach gebracht worden.

»Auch nicht schön« sei diese Erfahrung gewesen, erzählt »Banks«: Er habe die Zeit genutzt, Briefe zu schreiben und seine Situation zu reflektieren. Denn die Klientel im Butzbacher Knast sei keine, mit der er zu tun haben wollte. »Leute mit Haftstrafen von über fünf Jahren«, sagt er, »Vergewaltiger, mehrfache Gewalttäter.« Für ihn ist klar, sagt er im Podcast, dass er nie wieder Gesetze brechen werde.

Mutmaßlicher Drogendealer „Banks“ aus Gießen: Tauziehen um Untersuchungshaft

Dann geschieht etwas sehr Ungewöhnliches: Ein Tauziehen zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Anwalt von »Banks«, Carsten Marx, um die Aussetzung der Untersuchungshaft. Zweimal kann der Strafverteidiger seinen Mandanten aus der U-Haft rausholen, zweimal wird dieser auf Antrag der Staatsanwaltschaft wieder inhaftiert. Aktuell befindet sich »Banks« seit einem Dreivierteljahr auf freiem Fuß. Eine richtige Entscheidung, die zeige, dass der Rechtsstaat funktioniere, betont Marx auf Anfrage. Denn die Ermittler hätten bei den Durchsuchungen nichts gefunden, was eine U-Haft rechtfertige. Die Beweislage sei »völlig unzureichend«. Dass im Video von mehreren Kilo Cannabis die Rede sei, sei kein physischer, also mit den Händen greifbarer Beweis. Stattdessen sei das Handeln von »Banks« »umfassend durch die Kunstfreiheit geschützt«. Das Video sei keine Doku über eine Straftat, sondern »ein Kunstprodukt mit einer Message«. Diese Warnung vor synthetisch gestrecktem Cannabis sei seinem Mandanten sehr wichtig, auch wenn er wisse, dass ihn bei einer Verurteilung eine hohe Strafe erwarten könnte.

In dem Video, sagt Marx, arbeite »Banks« mit künstlerischen Stilelementen, übertreibe und provoziere bewusst. Zum Beispiel, als er gesagt habe, die Polizei habe die Kontrolle über den Drogenhandel verloren. »Er wollte bei den Ermittlungsbehörden ein Umdenken erreichen«, sagt Marx, »Aber die haben das als Affront empfunden und den Fall persönlich genommen.«

Die Staatsanwaltschaft will sich zum Thema nicht ausführlich äußern. Nur so viel sagt Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger: »Das Verfahren ist aufgrund der umfangreichen Handyauswertung noch nicht abgeschlossen.« (Kays Al-Khanak)

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