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Breite Unterstützung im Parlament für die Tafel

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Von: Karen Werner

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Die Gießener Tafel finanziert sich bisher aus Spenden. Jetzt bittet sie um offizielle Unterstützung. ARCHIVFOTO: SCHEPP © Oliver Schepp

Gießen (kw). Nach dem verzweifelten Hilferuf der Gießener Tafel zeichnet sich im Stadtparlament eine parteiübergreifende Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung ab. Auf welche Weise langfristig städtisches Geld in die Einrichtung des Diakonischen Werks fließen könnte, wird hinter den Kulissen noch diskutiert. Viel bürokratischer Aufwand dürfe mit Zuschüssen nicht verbunden sein, unterstreicht Diakonie-Leiter Holger Claes auf GAZ-Anfrage.

Die Gießener Tafel versorgt 3500 Menschen in Stadt und Kreis regelmäßig mit nicht mehr verkäuflichen, aber noch essbaren Lebensmitteln. 300 Haushalte stehen auf der Warteliste. Die Zahl der Bedürftigen wächst rasant, vor allem wegen des Ukraine-Kriegs und der steigenden Preise. Gleichzeitig stellen die Supermärkte seit der Corona-Pandemie weniger Lebensmittel zur Verfügung; Geldspenden sind ebenso zurückgegangen wie die Zahl der Ehrenamtlichen.

Die Gießener Tafel finanziert sich seit ihrer Gründung im Jahr 2005 ausschließlich aus Spenden. Man habe bisher bewusst auf dauerhafte öffentliche Zuwendungen verzichtet, erläutert Claes. »Die Flexibilität ist unsere Stärke.« Aber nun verschärfe sich die Existenznot. »Wir freuen uns zum Beispiel über einen Mietzuschuss, damit wir uns um unseren Auftrag kümmern können: Lebensmittel retten und Bedürftige unterstützen.«

Zuschüsse für Miete oder Treibstoff?

Bei der Koalition aus Grünen, SPD und Gießener Linken stößt der Appell auf offene Ohren. »Der Wille zur Unterstützung ist da. Wir sind dabei, gemeinsam eine Lösung zu entwickeln«, sagte Christopher Nübel der GAZ. Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtparlament besuchte gestern Abend gemeinsam mit Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher und der Landtagsabgeordneten Nina Heidt-Sommer die Tafel am Leimenkauter Weg.

Organisationsleiterin Anna Conrad schilderte den SPD-Vertretern die dramatische Lage und die Bemühungen, möglichst viele Menschen zu versorgen. So erhalten neu aufgenommene Kunden nur noch alle zwei Wochen Essen, damit mehr Menschen zumindest etwas Unterstützung erfahren.

Conrad machte deutlich, dass die fast ausschließlich ehrenamtlich organisierte Einrichtung ihre Alltagsarbeit weiterhin durch Spenden finanzieren möchte, ohne detaillierte Verwendungsnachweise führen zu müssen. Unabhängigkeit und Kreativität sollten möglichst erhalten bleiben. »Aber ich würde mir wünschen, dass wir uns weniger Sorgen machen müssen, wie wir Miete und Treibstoff bezahlen.«

Auf die Hilfe der Stadt hoffe sie auch bei der Suche nach größeren Räumlichkeiten. »Wir haben viel zu wenig Platz«. Nötig sei ein zentral gelegenes, mindestens 800 Quadratmeter großes Grundstück mit einem Gebäude mit etwa 700 Quadratmeter Nutzfläche.

Nübel erklärte nach dem Gespräch, zunächst gelte es Details intern abzustimmen. Sowohl aus seiner Fraktion als auch von den Koalitionspartnern gebe es positive Signale. Selbstverständlich müssten Zuschüsse auf rechtssicherer Grundlage fließen.

Zu klären sei in dem »sozialpolitisch interessanten Prozess« die Grundsatzfrage: Betrachtet man die Tafel als Teil des sozialen Systems, das die Stadt dauerhaft mitfinanziert? Dies wäre »ein gewisser Richtungswechsel« weg vom bisherigen Selbstverständnis der Tafeln, so Nübel.

Tafeln als Teil des sozialen Systems

Zwei Oppositionsfraktionen haben eigene Anträge zugunsten der Tafel ins Stadtparlament eingebracht. Die CDU fordert den Magistrat auf, »innerhalb der nächsten sechs Monate nach Möglichkeiten einer räumlichen Vergrößerung zu suchen« und den Stadtverordneten Bericht zu erstatten. Ziel sei, dass »die so wichtige Arbeit der Gießener Tafel nicht gefährdet wird«.

Gigg/Volt meint, eine nachhaltige Unterstützung der Tafel müsse »Teil der Daseinsvorsorge der Stadt« sein. Die Fraktion beantragt die Vereinbarung eines festen Zuwendungsvertrags.

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