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»Boah« für den Ostschul-Umbau

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Von: Kays Al-Khanak

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oli_ostschule2_240922_4c © Oliver Schepp

Der erste Bauabschnitt an der Gesamtschule Gießen-Ost steht kurz vor dem Abschluss. Um den neuen Lern- und Aufenthaltsort für die Jahrgänge fünf und sechs vorzustellen, fand am Freitag für Kinder und Eltern ein Schulfest statt. Bei den Führungen durch den alten Osttrakt dominierten zwei leise Laute: »Boah« und »Oooh«.

Mit wie viel Leidenschaft die neuen Räume an der Gesamtschule Gießen-Ost (GGO) geplant worden sind, zeigt alleine das Lichtkonzept. Schulleiter Dr. Frank Reuber steht im fast fertig gebauten Haus 3 an einem großen Schrank und bedient ein Display. Dass dieser Um- und Neubau wirklich ein »Herzensprojekt« ist, sieht man ihm an, als er mit einem Lächeln zuerst ein gedimmtes Licht einstellt. Das wird die mit müden Augen in die Schule trottenden Schüler vermutlich nach den Herbstferien begrüßen. Es gibt auch ein Licht für Präsentationen oder für Klassenarbeiten. Mit dieser Liebe fürs Detail und den Blick für die heutigen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen, die den halben Tag in den Schulen verbringen, ist der gesamte Neubau entstanden. Im Rahmen eines Schulfestes am gestrigen Freitag sind die Räume für die Fünft- und Sechsklässler sowie deren Eltern vorgestellt worden. Bei den Führungen durch das lichtdurchflutete Haus dominieren vor allem staunende Gesichter, und immer wieder entfährt einem der Besucher ein leises »Boah« oder »Oooh«.

Diese Reaktionen sind nachvollziehbar, wenn man die zwischen 1970 und 1975 gebaute GGO kennt. Sie wird im Grunde genommen räumlich auf links gedreht. Als sich der Architekt Prof. Ansgar Lamotte zum ersten Mal die GGO ansah, habe er gedacht: »Hier muss aufgeräumt werden.« Es sei eine große Leistung, betont er beim Pressegespräch im Vorfeld des Schulfestes, dass die Lehrkräfte »unter den räumlichen Umständen so engagiert Schule machen«.

Schuldezernentin Astrid Eibelshäuser ist heute froh, dass die Schulleitung 2015 ein Gesamtkonzept für den Umbau gefordert habe - und sich nicht mit der geplanten energetischen Sanierung mit den Mitteln des Kommunalen Investitionspakets zufrieden gegeben hat. Nun, betont Eibelshäuser, sei an der GGO der erste Bauabschnitt vom Gesamtentwurf realisiert worden - und damit Räume, »die zeitgemäßen Konzepten von Wissensvermittlung, Kindheit und Jugend gerecht werden« - und natürlich auch technisch auf dem neusten Stand sind.

Bis dahin war es ein langer Weg - auch weil er »beteiligungsorientiert« war, wie Eibelshäuser betont. Die Absprachen seien wichtig, um nicht »am Bedarf vorbeizuplanen«. In den Jahren 2016 und 2017 gab es Überlegungen, wie die GGO zukünftig aussehen soll. Laut Reuber sei von Beginn an die Idee verfolgt worden, selbstorganisiertes Lernen zu fördern. Dafür braucht es variable Lernbereiche, in denen diverse Lernkonzepte umgesetzt werden können. »Eine offene Schulform wie die Integrierte Gesamtschule und eine Heterogenität, wie sie an der GGO herrscht, benötigt eine offene Architektur.« Einstimmig hätten sich Kollegium, Lehrkräfte und Schüler für diesen Weg ausgesprochen.

Lernhaus trifft auf Wohngemeinschaft

Lamotte, der mit seinem Team den 2017/18 ausgeschriebenen Architektenwettbewerb gewonnen und das Projekt dann geplant hat, spricht von einem »Lernhaus mit dem Geist einer Wohngemeinschaft«. Diese Atmosphäre erzeugen offene Klassenräume, variable, auch gemütliche Lernlandschaften sowie große Panoramafenster innerhalb und am Gebäude. Die nachhaltige Bauweise - dem Inhalt angepasste Gebäude, eine positive Ökobilanz und ästhetischer Anspruch - werde dem Wert von Schule in der Gesellschaft, gerecht, sagt Eibelshäuser.

Bei all der Freude darf nicht vergessen werden, dass Stadt und Schuldezernentin während der 2020 begonnenen Bauzeit politisch auf die Mütze bekommen haben: Seit dem Beschluss des Parlaments im Februar 2019 waren die Kosten von bewilligten 7,2 Millionen Euro auf 13,5 Millionen gestiegen - auch weil die Sanierung von Funktionsgebäuden aus den 1970ern oft einer Wundertüte gleicht. Immerhin: Anschließend seien die Kosten noch um 6 Prozent gestiegen - »nur«, wie Jörn Horn vom städtischen Hochbauamt angesichts der Weltwirtschaftslage betont. Hinzu kommt der verzögerte Einzug in Haus 3, der für den Beginn dieses Schuljahrs vorgesehen war. Laut Lamotte fehlten »Kleinigkeiten« - aber wesentliche wie Brandschutztüren. Auch dies hängt mit aktuellen Lieferengpässen zusammen.

Im Rahmen des Schulfestes dominiert aber die Freude: Darüber, dass der Umbau des Osttrakts als Tor der Schule laut Reuber »ein Statement« für den weiteren Weg sein wird. Das Projekt sei »ein mutiger Schritt«, sagt er, und Lehrer sowie Schüler wollten die Räume nun mit Leben füllen.

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oli_ostschule6_240922_4c_1 © Oliver Schepp

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