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Mit Bibi Bilanzierung lernen

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Von: Kays Al-Khanak

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In der Zeichentrickserie der Professur für Financial Accounting wird das Thema Bilanzierung behandelt. 	FOTO: SCHEPP
In der Zeichentrickserie der Professur für Financial Accounting wird das Thema Bilanzierung behandelt. FOTO: SCHEPP © Oliver Schepp

Wer studiert, muss nicht immer nur Bücher wälzen. Besonders das digitale Semester hat gezeigt, dass neue Formen der Wissensvermittlung nötig sind. An der Uni Gießen haben Mitarbeiter der Professur für Financial Accounting eine Zeichentrickserie über Bilanzierung produziert.

Fröhlich-pfeifend die Einstiegsmelodie, lustig-schräg die gezeichneten Figuren: Wer sich den Anfang von »Bibi Bilanzierung« auf der Videoplattform »YouTube« anschaut, denkt zuerst an diese schrecklich gut gelaunten amerikanischen Sitcoms. Fehlt nur noch, dass gleich Gelächter aus dem Off eingespielt wird. Doch weit gefehlt: Die Zeichentrickserie hat absolut nichts mit leichter Unterhaltung zu tun. Sie soll in zehn Folgen mit jeweils 30 Minuten Länge Studierenden das Thema »Bilanzierung« auf ungewöhnliche Art näherbringen.

»Viele Studierende finden die Bilanzierung zunächst eher langweilig, allerdings völlig zu Unrecht«, sagt Corinna Ewelt-Knauer. Sie ist Professorin für Financial Accounting und betont: »Die Bilanzierung sitzt am Herzschlag des Unternehmens. Fast jede unternehmerische Entscheidung löst einen bilanziellen Tatbestand aus.« Die Zeichentrickserie soll vor allem Erstsemestern eines wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorstudiengangs zu diesem Thema »eine auflockernde Starthilfe« geben. Gleichzeitig könnten so Oberstufenschüler oder kaufmännische Auszubildende erreicht werden, die sich mit der Bilanzierung beschäftigen müssen.

Im Januar hatte die Professur eine Förderung aus dem Programm »Digital gestütztes Lehren und Lernen in Hessen« erhalten. »Wir hatten einfach einmal Lust, etwas Neues zu wagen«, sagt Ewelt-Knauer. Die Idee zu Bibi Bilanzierung hatte sie gemeinsam mit ihren Mitarbeitern Fabienne Herrmann und Henning Schütz.

Worum geht es bei der Serie? Um ihr Studium zu finanzieren, gründet die adrett gekleidete Bibi Bilanzierung eine Eisdiele mit dem Namen »Nicecream«. Die Studentin merkt jedoch schnell, dass sie als Unternehmerin auch Bücher führen muss. Bilanzierung fand sie im Studium langweilig, gemerkt hat sie sich aus den Vorlesungen kaum etwas. Wie gut, dass es ihren Kommilitonen Bill Hanz gibt: Er erklärt Bibi in Jugendsprache und mit Eselsbrücken die Tricks der Buchführung. Bibi stelle dabei die Fragen, die Studierenden bei der Erarbeitung des Lernstoffes kommen, sagt die Professorin. »Eingebettet ist die Wissensvermittlung in einer heiteren Geschichte rings um die Unternehmensgründung und das Studentenleben.«

Die selbst produzierte Zeichentrickserie ist ein Beispiel für sogenanntes Edutainment - also die Kombination aus Bildung (Englisch: Education) und Entertainment. Ewelt-Knauer betont, als Produzenten wanderten sie auf einem »sehr schmalen Grat«: Im Fokus müsse immer die Wissensvermittlung stehen. »Wir versuchen, diese etwas unterhaltsamer zu gestalten und damit leichter zugänglich zu machen.« Wichtig sei, nicht der Versuchung zu erliegen, das Erzählen der Geschichte in den Mittelpunkt zu stellen. Inhaltlich, sagt die Professorin, passiere bei »Bibi Bilanzierung« nicht mehr als in einer Vorlesung oder einem Lehrbuch, das die Grundlagen zur Bilanzierung vermittelt.

Keine Klischees

Hinter der leicht anmutenden Serie stecken viele Überlegungen, die die Produzenten im Vorfeld anstellten. Die Eisdiele wählten sie, weil es ein Unternehmen sein sollte, das Studierende kennen und mit dem sie sich leicht identifizieren können. Auch habe das Geschäftsmodell bestimmte Anforderungen erfüllen müssen, sagt Ewelt-Knauer. Sie nennt als Beispiel den unternehmensinternen Produktionsprozess, »damit wir vom Einkauf der Vorräte über die Produktion bis zum fertigen Erzeugnis alles bilanziell erfassen konnten«.

Lange gerungen hätten sie mit der Entscheidung, ob ein männlicher Charakter das Unternehmen gründen und die weibliche Rolle den erklärenden Part übernehmen soll - oder umgekehrt. Am Ende sei es wichtig, betont Ewelt-Knauer, das Klischee zu vermeiden, »dass der schlaue männliche Kommilitone dem etwas dümmlichen weiblichen Charakter helfen muss. Wir haben daher Bibi sehr dynamisch und emanzipiert dargestellt, die nicht zu dumm für die Bilanzierung ist, sondern etwas Besseres zu tun hat«. Bill wirke bewusst etwas weltfremd und besserwisserisch.

Ewelt-Knauer sagt, dass nach ihrer persönlichen Erfahrung vor allem aus dem digitalen Sommersemester Studierende asynchrone Lerninhalte wie Lernvideos zu schätzen gelernt hätten. Diese könnten einfach häufiger angeschaut und so das Wissen vertieft werden. Dies könne die Präsenzlehre aber nicht ersetzen. »Sie verschafft uns vielleicht ein wenig mehr Luft, um im Hörsaal noch mehr miteinander ins Gespräch zu kommen.«

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