Beziehungsarbeit im Gefängnis

Gießen (bac). Es gibt einen fliegenden Wechsel im Bereich der katholischen Gefängnisseelsorge in der Justizvollzugsanstalt Gießen: Am Montag wurde der langjährige katholische Seelsorger Gerd Tuchscherer im Rahmen einer Andacht verabschiedet und seine Nachfolgerin Alexandra Haustein in ihr Amt eingeführt.
»Es läuft nicht immer alles so rund«, sagte Tuchscherer zu Beginn der Feier, an der neben seiner Gemeinde, den Insassen der Anstalt, auch viele Weggefährten, Freunde sowie Vertreter der behördlichen Stellen und des Bistums Mainz teilnahmen. Seinen Ausspruch bezog er nicht nur als Hinweis auf die persönlichen Lebenswege der Menschen, die in dem Gemeinschaftsraum der Anstalt Platz genommen hatten. Er passte auch zu dem Umstand, dass die Feier nur mit Verzögerung beginnen konnte, da ein verdächtiges Päckchen im Landgericht gefunden und das gesamte Gebiet vorübergehend weiträumig abgesperrt wurde.
Die musikalische Ausgestaltung des Gottesdienstes hatten Insassen gemeinsam mit dem evangelischen Kollegen Johannes Blum-Seebach erarbeitet. Den spirituellen Teil der Messfeier hatte Diakon Alexander Rudolf, Gefängniseelsorger aus Weiterstadt, übernommen und ein passendes Bibelzitat aus dem Buch Micha als Grundlage vor seine Predigt gestellt: »Hört zu, ihr Berge, beim Rechtsstreit des Herrn, gebt Acht, ihr Fundamente der Erde! Denn der Herr hat einen Rechtsstreit mit seinem Volk, er geht mit Israel ins Gericht«. Daran anknüpfend erläuterte er die inhaltliche Arbeit der Gefängnisseelsorge. »Es ist ein dorniger Weg für jeden, der hier einsitzt. Wir sind da und begleiten Sie.«
Tuchscherer war seit 1993 in der JVA tätig und hat bei vielen Ängste, Mutlosigkeit und Zukunftsängste miterleben und mitbegleiten müssen. Doch gestartet hatte er seine Laufbahn zunächst im Finanzamt Frankfurt, bevor er als Spätberufener praktische Theologie in Mainz studierte, um anschließend als Gemeindereferent in Gießen in St. Bonifatius zu arbeiten, bevor er sich der Seelsorge im Strafvollzug widmete. Das berichtete Monika Stübinger, Diözesanreferentin für die Berufsgruppe der Gemeindereferenten im Bistum Mainz. Sie übergab ihm anschließend seine Entlassungsurkunde. Ab 1993 bis jetzt war er in der JVA Gießen tätig, zudem betreute er noch die Anstalt in Friedberg. Als diese geschlossen wurde, wurde er zudem im ökumenischen Kirchenlädchen am Kirchenplatz eingesetzt.
»Arbeit im Gefängnis ist Beziehungsarbeit. Menschen begleiten, zuhören, aufmerksam sein. Das ist nicht immer ganz leicht«, so beschrieb David Hüser, Referent für die Polizei-, Gefängnis- und Telefonseelsorge im Bistum Mainz, die Arbeit in diesem besonderen Umfeld in seinem Grußwort.
Der Leiter der JVA Gießen, Frank Posingies, entließ - ganz im Sinne der Gefängnissprache - Tuchscherer in seine Freiheit und übergab ihn in die Obhut seiner Frau Annette. »Er war und ist Seelsorger für alle Menschen hier, egal, welchen Glauben sie haben.« Die Arbeit erstrecke sich auf alle, die hiermit zu tun hätten, sowohl die Gefangenen wie auch auf die Bedienstete und Angehörige. Das Hauptgewicht läge auf Einzelgesprächen, die häufig auch ein Stück Sozialarbeit bedeuteten.
Dem konnte Caroline Ulmer-Bachmann, die Sozialarbeiterin am Gießener Standort, nur beipflichten und wünschte Tuchscherer und seiner Frau noch viele gemeinsame Jahre. Für die Justiz sprach Ministerialrätin Eva-Maria Eike ihm Dank für seine Leistung aus. Als Zeichen guten Miteinanders gab ihm Iman Sabri Saliji eine Sure aus dem Koran mit auf den Weg und bedankte sich für die wertschätzende Zusammenarbeit.
Tuchscherers Abschied war zugleich auch der Anfang für die neue katholische Seelsorgerin in der JVA. Ab dem 1. August wird Alexandra Haustein die Nachfolge von Tuchscherer antreten. Hüser überreichte der Pastoralreferentin die entsprechende Bestellungsurkunde. Seitens der Justiz wurde sie von Posingies und Eike herzlichst begrüßt.