1. Gießener Allgemeine
  2. Gießen

Verkehrsversuch in Gießen: „Besondere Chance“ auf grüne Welle

Erstellt:

Von: Burkhard Möller

Kommentare

VVN_090523_4c
Eine vereinfachte Darstellung der Verkehrsführung auf der Nordanlage, Kreuzung mit der Schillerstraße. Pkw-Verkehr aus der Schillerstraße kann während des Verkehrsversuchs nur noch geradeaus oder Richtung Westanlage fahren. ABBILDUNG: STADT GIESSEN © Red

Vom Verkehrsversuch auf dem Anlagenring in Gießen sollen Radfahrer und Autos gleichermaßen profitieren. Offene Fragen bleiben trotzdem.

Gießen - Die Erreichbarkeit der Grundstücke, Umwege, Ausweichverkehr durch Wohnstraßen, Sicherheit für Radfahrer: Das waren die Hauptthemen bei der dritten und letzten Anwohnerversammlung zum Verkehrsversuch auf dem Anlagenring. Die zweispurige Einbahnstraße für den Autoverkehr bietet laut Stadt eine »besondere Chance« für die oft diskutierte grüne Welle.

Blau für den Auto-, grün für den Radverkehr: Mit diesen Farben hat die Stadt bei den Anwohnerversammlungen zum Verkehrsversuch auf dem Anlagenring grafisch erklärt, wie die Verkehrsführung aussehen wird. Bei der Veranstaltung für die Nordanlage und den Abschnitt der Westanlage bis zur Gabelsbergerstraße kam am vergangenen Freitag ein roter Pfeil hinzu. Er zeigte einigen Anwohnern der Westanlage, wie sie mit einem »U-Turn« von der inneren der beiden äußeren Fahrspuren bei Überfahrung der inneren Radspuren auf ihre Grundstücke gelangen können.

Anwohnerversammlungen in Gießen: unterm Strich schwache Resonanz

Die Erreichbarkeit einzelner Adressen mit dem Pkw war neben der Diskussion von Umwegfahrten, Fragen nach Ausweichverkehr durch Wohnstraßen und nach der Sicherheit auf der Fahrradstraße das beherrschende Thema in der Mensa der Ricarda-Huch-Schule. 1000 Haushalte waren von der Stadt eingeladen worden, in der Spitze 60 bis 70 Bürger waren gekommen und hatten viele Fragen. Moderator Michael Bassemir vom Büro für Bürgerbeteiligung stellte fest: »Die Zahl der Fragen stellt alles Bisherige in den Schatten.«

Unterm Strich indes fiel die Resonanz bei den drei Anwohnerversammlungen äußerst bescheiden aus: Eingeladen hatte die Stadt über 1800 Haushalte, es kamen rund 150 Personen, wobei unter ihnen auch noch Gießener waren, die von den Versammlungen gehört hatten und nicht direkt am Anlagenring wohnen. Für die Allgemeinheit ist eine vierte Veranstaltung geplant.

In dem Abschnitt, der am Freitagabend vorgestellt wurde, wird der Verkehrsversuch laut Zeitplan in der zweiten Julihälfte eingerichtet. Am Kennedy-Platz soll das bereits vorher im Zuge der Phase A (Ostanlage) Ende Juni geschehen. Während der Umstellung bleiben die jeweiligen Abschnitte befahrbar, hieß es.

Verkehrsversuch in Gießen: „Wollen, dass es für die Autofahrer funktioniert“

Auch in der »Ricarda« bekräftigen Bürgermeister Alexander Wright (Grüne) sowie seine Mitarbeiter Holger Hedrich (Straßenverkehrsbehörde) und Robert Pelich (Tiefbauamt) den Anspruch, dass der Autoverkehr trotz Wegnahme der inneren Fahrspuren fließen soll. »Wir wollen, dass es für die Autofahrer funktioniert«, betonte Hedrich und stellte sogar eine Verbesserung in Aussicht. Der Versuch biete eine »besondere Chance für eine grüne Welle«. Diese Erwartung knüpft die Stadt an den Wegfall von Ampelphasen, wenn der Autoverkehr als Einbahnstraße geführt wird.

Dem in der Versammlung geäußerten - und oft gehörten - Argument, eine Fahrradstraße auf dem Anlagenring sei überflüssig, weil dort kein Radfahrer Runden drehen wolle, widersprach Wright. Der Anlagenring übernehme eine Verteilfunktion im Stadtverkehr. So werde er vom Autoverkehr genutzt, und so könne er auch vom Radverkehr genutzt werden. Der meiste Verkehr vollziehe sich dort als »Viertelrunden-Bewegung«. Wrights Mitarbeiter Hedrich ergänzte, dass die Situation auf dem Anlagenring, der bislang nur in der Ostanlage über Schutzstreifen verfügt, die Radfahrer durchaus beschäftige: »Bei denen, mit denen wir reden, ist das sogar das dominierende Thema.«

Eine Anwohnerin der vorderen Steinstraße fragte nach zusätzlichem Verkehr durch das Wohnquartier, wenn von den aus dem Wohnviertel zur Nordanlage führenden Straßen nicht mehr nach links Richtung Marburger Straße und Ostanlage abgebogen werden kann. Wright bestätigte ihr, dass die Stadt in einigen Siedlungsbereichen »Quellverkehr« erwartet, der durch die Wohngebiete fahren wird. Je nach Verkehrsaufkommen müsse dort unter Umständen nachjustiert werden.

Gießen: Mehr Quellverkehr durch Wohnstraßen

Für die Anwohnerin der Steinstraße, die fragte, würde das bedeuten, dass sie, wenn sie zum Beispiel mit dem Auto Richtung Lollar oder Wieseck will, einen Umweg durch die eigene Wohnstraße sowie den Asterweg zur Sudetenlandstraße und weiter zur Marburger Straße bzw. zum Wiesecker Weg nehmen müsste. Wo Ausweichverkehr verstärkt erwartet wird, ist in einem Gutachten prognostiziert worden.

Mehrere Fragen betrafen die Sicherheit, wenn Anlieger über die Fahrradstraße auf ihre Grundstücke fahren. Wo keine Ampeln stehen, gelten die normalen Vorfahrtsregeln. An der Ausfahrt aus der Tiefgarage der Arbeitsagentur wird eine Ampel installiert. Springt die auf Grün, wird der Verkehr auf der Fahrradstraße angehalten. Nebenbei verkündete Wright. dass die Dammstraße zwischen Walltorstraße und Gartfeld als Fahrradstraße mit Pkw-Verkehr ausgewiesen wird. Hintergrund dieser schon länger geplanten Veränderung: Durch den Durchstich zur Lahn hat der Radverkehr hier stark zugenommen. (Burkhard Möller)

Auch interessant

Kommentare