Aushängeschild der Chemie

Das Liebigmuseum ist die erste Einrichtung in Deutschland, die mit dem Historical Landmark Award der European Chemical Society ausgezeichnet worden ist. Dieser würdigt die Bedeutung der Chemie für die europäische Kultur und Geschichte.
Eigentlich hätte die Ehrung bereits 2020 stattfinden sollen. Die Corona-Pandemie sorgte jedoch dafür, dass das Liebigmuseum erst drei Jahre später mit dem Historical Landmark Award der European Chemical Society (EuChemS) ausgezeichnet werden konnte. Es ist der erste Ort in ganz Deutschland, dem diese Ehre zuteil wird. Für das Museum ist diese Auszeichnung angesichts des verheerenden Brandes im Dezember 2022 von besonderer Bedeutung.
Das Liebigmuseum sei »zu Recht eines der bedeutendsten Museen der Chemie«, sagte Martin Rößler, Regierungsvizepräsident des Regierungspräsidiums Gießen am Mittwoch bei der offiziellen Feierstunde in den Räumen an der Liebigstraße. Sowohl Gießen als auch Hessen seien daher »stolz auf diesen Spross unserer Heimat«. Die »Unterstützung und Verankerung des Liebigmuseums hier in der Region« sei deutlich spürbar, sagte auch Prof. Gerd Hamscher, Vorsitzender der Justus-Liebig-Gemeinschaft. Gießens Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher hatte dafür eine einfache Erklärung: »Die Gießener wissen natürlich, was sie an dem Liebigmuseum haben.«
Das Liebigmuseum hat das Laboratorium und den Hörsaal bewahrt, in dem Justus Liebig vor fast 200 Jahren seinen Studenten die Wunder der Chemie nahebrachte. Als einer der ersten vertrat er dabei den Ansatz, Forschung mit Lehre zu verbinden. »Liebig hat gesagt: ›Nein, ihr müsst das riechen, schmecken, fühlen‹«, erklärte Prof. Peter Schreiner, Präsident der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh). Zu seinen Lebzeiten sei Gießen dadurch zum »Zentrum der chemischen Welt« geworden, sagte Prof. Christoph Meinel, Vorsitzender der GDCh-Komission Historische Stätten der Chemie. Diese Wirkung bekommt die Stadt nun mit der Plakette der EuChemS zurück. Die Auszeichnung würdige die »Wichtigkeit der Chemie für europäische Geschichte und Kultur«, erklärte die zukünftige EuChemS-Präsidentin Prof. Angela Agostiano. In ganz Europa gibt es bisher nur sechs Historical Landmarks - das Liebigmuseum ist der siebte dieser Orte. OB Becher erfüllte die Auszeichnung daher besonders mit Stolz. Sie sei etwas, was »international ausstrahlt« und das Liebigmuseum sei »noch ein Stückchen mehr zum Aushängeschild unserer Stadt geworden«.
Dank Liebig sei die Chemie eine ernsthafte und unabhängige Wissenschaft, ebenso würden viele Erkenntnisse und Erfindungen auf ihn zurückzuführen sein, erklärte Schreiner. »Er war ein Hansdampf in allen Gassen bei allem, was mit Chemie zu tun hat.« Die Folgen seines Wirkens sind noch bis heute spürbar, und sich weiter mit ihm zu beschäftigen, sei wichtig, betonte Meinel: »Zukunft braucht Erinnerung.« Hamscher wagte einen Blick in ebendiese Zukunft. Der Historical Landmark Award sei ein großer Schritt auf den Weg zum Hauptziel für das Liebigmuseum: die Aufnahme in das Weltkulturerbe.