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Auferstehung neu interpretiert

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Von: Dagmar Klein

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Staniczek_vorWandgema_ld_4c © Dagmar Klein

Johanna Staniczek, die bis zu ihrem krankheitsbedingten Ausscheiden als Leiterin des JLU-Instituts für Kunstpädagogik wichtige Impulse gesetzt hatte, meldet sich als Malerin zurück. Aktuell tritt sie mit einem Werk im Museum Nikolaikirche in Berlin an die Öffentlichkeit.

Johanna Staniczek meldet sich als Malerin zurück. Dem kunstaffinen Gießener Publikum ist sie vor allem bekannt als Professorin für Malerei am Institut für Kunstpädagogik (IfK) der Universität Gießen. Sie hatte auch eigene Ausstellungen in Stadt und Umland. In ihrer langen Lehrtätigkeit hat sie immer dafür gesorgt, dass die Studierenden Arbeits- und Ausstellungsräume bekommen, dass sie mit ihren Arbeiten an die Öffentlichkeit gehen. 2016 verließ sie die Uni aus gesundheitlichen Gründen. Seit 2020 ist sie wieder als freischaffende Künstlerin aktiv.

Aktuell tritt sie mit einem Werk im Museum Nikolaikirche in Berlin an die Öffentlichkeit. Dort war das Altarbild »Auferstehung Christi« in der Kraut-Kapelle im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Nacheinander werden dort nun Variationen zum Thema Auferstehung von sieben zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern gezeigt.

Kurator Albrecht Henkys ist als Restaurator seit Jahrzenten mit der Restaurierung der Nikolaikirche betraut und betrachtet das Projekt als experimentelle Denkmalpflege. Zeitgenössische Kunst soll sich dem barocken Grabdenkmal künstlerisch annähern, aber das Bild nicht rekonstruieren. Eine neue Raumsituation soll erarbeitet werden, die das Thema Auferstehung aus heutiger Sicht interpretiert.

Johanna Staniczek wurde 1959 bei Kattowitz/Polen geboren und siedelte mit ihren Eltern 1963 in die Schwäbische Alb. Sie studierte ab 1979 an der Freien Kunstschule Stuttgart, wechselte 1981 an die Hochschule der Künste (HdK) in West-Berlin, wo sie nach dem Abschluss des Studiums 1988 noch ein Meisterstudium anschloss. Bis 1998 war sie künstlerische Mitarbeiterin an der HdK, dann Gastdozentin und ab 2001 Professorin für Malerei und Grafik am IfK der Universität Gießen.

Wald als Sinnbild für Lebenskraft

Mit ihrer Malerei wusste sie immer zu beeindrucken. Großformate und Wandbemalungen nimmt sie als Herausforderung. Staniczek erzeugt in traumähnlichen und zugleich realitätsbezogenen Landschaften Bilder von starker Symbolik. Dies gelingt ihr auch in dem Altarbild für die Kraut-Kapelle, mit dem sie das Motiv Auferstehung durch die Natur interpretiert. Aufsteigendes Licht und herabfließendes Wasser stehen für Quellen des Lebens, der Wald ist Sinnbild für Lebenskraft und Vergänglichkeit, für Ruhe und Geborgenheit. Die blühenden Pflanzen am Boden sind schon in der Malerei des Mittelalters beliebt, in Darstellungen vom Paradiesgarten und der Mariensymbolik. Fast alle sind Frühblüher und künden daher von der Überwindung der dunklen Zeit, stehen also für Auferstehung: die blaue Akelei und die gelbe Narzisse, Veilchen und Gänseblümchen, Erdbeere und Schlüsselblume. Und natürlich sind auch die Farben nicht willkürlich gewählt: Weiß als Farbe des Lichts steht für den Morgen und den Wiederbeginn, das tiefe Schwarz-Blau für die Nacht und die Unendlichkeit.

Die 800 Jahre alte Nikolaikirche steht im Zentrum Berlins und ist seit 1987 Stadtmuseum. Die Kraut-Kapelle ist nach ihrem Stifter benannt, dem Unternehmer, Bankier und Minister Johann Andreas von Kraut (1661-1723). Das Stadtmuseum Nikolaikirche ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, der letzte Einlass ist 17 Uhr. Johanna Staniczeks Interpretation der »Auferstehung« in der Kraut-Kapelle ist bis zum 11. Mai zu sehen. Passend also für einen Osterferienbesuch in Berlin. Weitere Infos: www.stadtmuseum.de.

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