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Carsharing in Gießen: Anymove legt Boxenstopp ein

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Von: Sebastian Schmidt

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Der auf E-Autos spezialisierte Carsharing-Anbieter Anymove hat vorerst den Betrieb in Gießen eingestellt. Schuld daran hat laut Geschäftsführer David Shakory die weltweite Chipkrise.

Gießen - Ein Blick in die App verrät den Standort des nächsten freien Autos, wenige Berührungen des Smartphone-Bildschirms später ist das Fahrzeug ausgeliehen und fahrbereit. Das Geschäft des Carsharing-Anbieters Anymove beruht aber nicht nur auf diesem simplen Ausleihprozedere, sondern auch auf der Ausrichtung der Flotte: Die besteht nämlich ausschließlich aus E-Autos von Tesla (Modelle Y und 3) und Renault (Zoe). Mit diesem Angebot war Anymove vor fast genau einem Jahr nach Gießen gekommen, erst der zweite Standort des Unternehmens - nach Berlin - überhaupt.

Doch jetzt zeigt die App kein einziges ausleihbares Auto in der Stadt mehr an, und Geschäftsführer David Shakory erklärt, dass das Unternehmen wegen der weltweiten Chipkrise vorerst in Gießen eine Pause eingelegt hat. Denn das Carsharing-Unternehmen, das selbst gar keine Autos besitzt, sondern diese nur leiht, könne zurzeit keine Flotte für die Universitätsstadt mehr aufstellen. Shakory hofft aber, dass Anymove im kommenden Jahr das Geschäft in der Stadt wieder aufnehmen kann.

Carsharing in Gießen: »Der Markt ist wie leer gefegt«

»Der Markt ist wie leer gefegt«, sagt Anymove-Betriebsleiter Robert Poensgen zur Verfügbarkeit von E-Autos. Und das sei für das Unternehmen ein Problem. Im Dezember 2021 startete Anymove mit 15 Fahrzeugen in Gießen. »Im Peak waren es dann 18 gewesen.« Doch diese Fahrzeuge hatte Anymove von unterschiedlichen Firmen oder Autoverleihern angemietet, und nach und nach seien dann im Laufe des Jahres diese Verträge ausgelaufen. Jetzt könne sich das Unternehmen aber keine neuen E-Autos für den Betrieb in Gießen leihen, weil die vor allem auf Corona in Asien zurückzuführende Chipkrise die Verfügbarkeit von E-Autos stark reduziert habe.

»Unsere Mitarbeiter arbeiten jedoch hart daran, eine Lösung für Gießen zu finden«, sagt Shakory. Ein Faktor, der für die Schließung des Standorts dabei verantwortlich sei: Das Unternehmen benötige eine kritische Mindestanzahl an E-Autos, um in einer Stadt rentabel zu sein. »Drei Autos helfen uns da erst einmal nicht weiter.« Denn Dienstleistungen wie Fahrzeugreinigung oder -wartung lohnen sich erst ab einer bestimmten Zahl für Anymove, erklärt der Geschäftsführer.

Dass Anymove eine Zukunft in Gießen hat, da ist sich Shakory sicher. Die Lösung, die das Unternehmen biete, sei in der Stadt gut angenommen worden. »Wir haben eine extrem hohe Wiederbuchrate in Gießen.« Die Kunden haben im vergangenen Jahr das Angebot des Carsharing-Anbieters also nicht nur ausprobiert, um eben mal ein E-Auto gefahren zu sein, sondern sind immer wieder in ein Leihfahrzeug gestiegen, erklärt der Geschäftsführer.

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App holen. Öffnen. Los. Das gibt es in Gießen zur Zeit nicht mehr. Dem Carsharing-Anbieter Anymove sind die E-Autos ausgegangen. ARCHIV © Oliver Schepp

Gießen: »Die Produktion von Teslas ist wieder gestiegen«

In Hinblick auf das Ausleihverhalten in der Stadt habe Anymove eine interessante Erfahrung gemacht: Die Kunden, die sich einen Tesla - also eine Mittelklasse-Limousine - ausleihen, und diejenigen, die sich den Kleinwagen Zoe ausleihen, sind in vielen Fällen die gleichen Personen. »Wir merken, die Kunden leihen sich für unterschiedliche Ansprüche unterschiedliche Autos aus.« Gerade weitere Strecken werden dabei eher mit einem Tesla zurückgelegt, der auch eine größere Reichweite hat, sagt Shakory. Und Reichweite ist nach wie vor eines der Themen, wenn es um E-Autos geht - auch für die Anymove-Kunden aus Gießen. »Wir bekommen immer wieder Fragen aus der Stadt, wie weit man mit einem der E-Autos überhaupt fahren kann.«

Wann das Unternehmen nun in Gießen wieder Ausleihfahrzeuge anbieten wird, kann Geschäftsführer Shakory aktuell noch nicht sagen. »Die Produktion von Teslas ist jedoch wieder gestiegen«, sagt Shakory. Und Betriebsleiter Poensgen fügt an, dass es in anderen Städten teilweise auch einfacher für das Unternehmen sei, weil Anymove dort nicht nur auf andere Unternehmen angewiesen sei, von denen es sich Fahrzeuge leihen kann. »Es gibt auch Kommunen, die E-Autos anschaffen und über uns ihren Einwohnern zur Verfügung stellen.« (Sebastian Schmidt)

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