Alpenverein weiter im Aufwind

Gießen (ta). Die Gießener Sektion des Alpenvereins sieht sich weiter im Aufwind. Das belegte die Jahreshauptversammlung am Mittwochabend. Die Kletter- und Boulderhalle floriert, die Mitgliederzahl stieg seit 2017 um 700 auf jetzt rund 2900, das Vereinsklima ist bestens. Etwas Kummer macht derzeit nur die Gießener Hütte im fernen Kärnten.
Vor fünf Jahren sah es noch sehr düster aus um den Gießener Alpenverein. Die neu errichtete, aber kaum bekannte Kletterhalle wurde wenig frequentiert, der ausgedünnte Vorstand agierte autoritär, die Mitglieder liefen scharenweise davon, der Verein stand vor der Insolvenz. Doch seit einer denkwürdigen Mitgliederversammlung im Oktober 2017, als der umstrittene Vorsitzende abgewählt und ein neues Führungsgremium eingesetzt wurde, geht es kontinuierlich berauf. Dies dokumentierten die Jahresberichte des Vorsitzenden Dr. Ulrich Schlör, der amtierenden Betriebsleiterin Simone Paukstat und von Schatzmeisterin Gabi Nicolai bei der zweistündigen Hauptversammlung im großen Seminarraum des Vereinssitzes an der Rödgener Straße.
Dabei hatte 2021 gar nicht gut begonnen. Das Kletter- und Boulderzentrum musste coronabedingt bis Mitte Mai geschlossen bleiben. Aushilfskräfte mussten entlassen und Kosten eingespart werden. Wanderungen und andere Outdoor-Aktivitäten konnten ebenfalls nicht angeboten werden. Danach aber lief es wieder rund.
Die regelmäßigen Wandertouren an jedem Mittwoch und jedem zweiten Sonntag sind fast schon überbesetzt. Die Auslastung der Kletterhalle stieg, auch dank neuer Kursangebote und der Vermietung der Seminarräume, stetig weiter an. Das Hallendarlehen konnte um 57 500 Euro reduziert werden, auch dank staatlicher Überbrückungshilfen. Das Jahresergebnis nach Abschreibungen lag bei einem Minus von nur noch 10 000 Euro, nach 69 000 Euro im Jahr zuvor.
Allerdings beschäftigt nun die Gießener Hütte den Vorstand und das fünfköpfige Hüttenwartteam. Dessen Sprecher Werner Müller erinnerte an die äußerst langwierigen Verhandlungen, die erforderlich waren, um die Erlaubnis zum Befahren der privaten Zufahrtsstraße bis zum Parkplatz unterhalb der Hütte für die Monate Juli bis September zu sichern. In die Hütte selbst wird die Sektion ab 2023 investieren müssen. Denn die Geduld des Landes Kärnten ist erschöpft; es muss endlich eine eigene Kläranlage für die Hütte her. Die wird mindestens 200 000 Euro kosten. Notwendig wird auch eine neue Stromversorgung, voraussichtlich über eine Fotovoltaikanlage auf dem Hüttendach.
Kläranlage dringend nötig
Denn das eigene Wasserkraftwerk reicht im Herbst nicht mehr aus, weil es mit immer weniger Schmelzwasser vom Gletscher der Hochalmspitze gespeist wird. Zudem fehlen ein Notausgang und eine zentrale Brandmeldeanlage sowie echte Personalzimmer.
Stolz ist die Sektion darauf, dass sie sich als bislang einziger heimischer Sportverein den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben hat. Eine sechsköpfige Arbeitsgruppe unter Federführung des 3. Vorsitzenden Klaus Ehgart hat sich die Umsetzung der Vorgabe des Dachverbands zum Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu werden. Dafür wird momentan der ökologische Fußabdruck der Sektion erfasst.
Bei den Neuwahlen zum Vorstand wurden Klaus Ehgart und Beisitzer Joachim Sayn für drei Jahre bestätigt. Neu in den Vorstand rückten Thorsten Ludwig als Vertreter der Sektionsjugend und seine Vertreterin Ellen Beck auf. Der bisherige Jugendreferent Dr. Bastian Bernhardt hat sich berufsbedingt aus Gießen verabschiedet.
52 langjährige Mitglieder galt es, zu ehren. Acht nahmen ihre Ehrung persönlich entgegen, darunter Franz Georg Immerschitt. Der Hüttenberger hält schon seit 50 Jahren dem Alpenverein die Treue. Seit 40 Jahren dabei sind Doris Bepler, Roswitha Joerg und Dr. Dieter Stöhr.
Urkunden für 25-jährige Zugehörigkeit bekamen Jörg Hofmann, Jochen Eike Schiek, Hans-Jürgen Schremmer und Markus Schupp.