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Alles nur Fassade: Wie Gießener ihr denkmalgeschütztes Haus sanieren

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Von: Christoph Hoffmann

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Das Ehepaar Kolb lässt aktuell die Fassade ihres Hauses in der Alicestraße denkmalschutzgerecht sanieren. © Oliver Schepp

Alte Häuser haben Charme, sie verlangen ihren Eigentümern aber auch einiges ab. Zwei Gießener erzählen, wie sie die Fassade ihres Hauses denkmalschutzgerecht sanieren.

Christine Kolb ist ein echtes Stadtkind. Sie ist an der Alicenstraße Ecke Ludwigstraße großgeworden. Heute wohnt die Gießenerin mit ihrem Ehemann Christoph Kolb in dem Haus mit der Nummer 43. »Ich lebe gerne hier, schließlich ist das Haus aus meinem Familienbesitz«, sagt Christine Kolb. Ein solch historisches Haus benötigt jedoch mehr Pflege als ein Neubau. Die Kolbs haben sich dazu entschlossen, die Fassade sanieren zu lassen. Und das ist aufwendiger als gedacht.

Die einstige Stadtvilla wurde 1883 für den Bauunternehmer Conrad Koch errichtet. Wenig später, im Jahr 1905, wies der damalige Entwässerungsplan einen Herrn Adolf Fischer als Eigentümer aus. Zumindest teilt das die Bürgerinitiative »Historische Mitte Gießen« mit, die von der denkmalschutzgerechten Sanierung des Hauses angetan ist. »Es wäre zu wünschen, wenn sich andere Eigentümer solcher architektonischer Vorzeigegebäude ebenfalls an der ursprünglich Gestaltung der Objekt orientieren und so zu einem schönen Stadtbild beitragen würden«, betont der Vize-Vorsitzende Peter Eschke.

Christina Kolb kann noch mehr zu den Eigentumsverhältnissen sagen. »Meine Großmutter hatte das Haus nach dem Krieg von einer Cousine geerbt. Dann ging es an meine Eltern, und 2015 haben wir es übernommen.« Schon damals nahmen die Kolbs Geld in die Hand. »Wir haben das gesamte Erdgeschoss saniert, zwei Bäder eingebaut und die Haustechnik auf den neuesten Stand gebracht«, erzählt Ehemann Christoph Kolb. Die Fassadensanierung haben sie erst im Frühjahr dieses Jahres angehen können. »Bei so einem großen und alten Haus kommen schnell große Summen zusammen. Daher konnten wir nur stückweise vorgehen.«

Eigentlich wollten die Kolbs die Fassade lediglich streichen. Trotzdem schalteten sie die Denkmalschutzbehörde ein. Und deren Vertretern machten deutlich, dass es mit ein bisschen Farbe nicht getan ist.

Laut dem Denkmalkataster des Landes Hessen handelt es sich bei dem Gebäude um ein zweigeschossiges zweiflügeliges Wohnhaus mit Mezzaningeschoss, also einen Zwischengeschoss unter der Dachtraufe. »Das bewusst auf die Eckansichtigkeit angelegte, anspruchsvoll gestaltete Gebäude greift den an der italienischen Renaissance geschulten Spätklassizismus des Universitätshauptgebäudes und der Realschule, das heißt der beiden wichtigsten öffentlichen Gebäude des neu entstehenden Universitätsviertels, wieder auf.« Das bilde den Auftakt zur unteren Ludwigstraße, die als »Universitätsstraße« die repräsentativste Straße des gesamten Viertels sei. Charakteristisch für den Bau sei die Hervorhebung der gesimsgerahmten Beletage durch Adikulafenster mit Balusterbrüstungen, die risalitartige Betonung der um eine zusätzliche Achse erweiterten Fassade (Alicenstraße), sowie der schmiedeeiserne Eckbalkon über ausladenden Volutenkonsolen, die metopenhaft ausgestaltete Mezzaninzone und der barokkal geformte Eckgiebelaufsatz mit Ochsenauge, heißt es im Denkmalkataster.

Ein besonderes Haus also, das besondere Sorgfalt bei der Sanierung verlangt. »Der Oberputz aus den 70er Jahren musste ab, da er abblätterte und nicht feuchtigkeitsdurchlässig war«, sagt Christoph Kolb. Die darunter befindlichen Fassadenelemente aus Sandstein mussten von einem Steinmetz zum Teil erneuert werden. Dafür war eine Skizzierung der Steine notwendig, die anschließend aus einem Steinbruch in Miltenberg am Main angeliefert wurden. Unter dem Putz seien zudem Ornamente zum Vorschein genommen, die aufbereitet werden mussten.

Die Kolbs hätten nicht gedacht, dass die Arbeiten so aufwendig und kostspielig werden. Trotzdem sind sie froh, die Fassade nicht einfach überstrichen, sondern denkmalschutzgerecht saniert haben. »Man lernt sehr viel über das eigene Haus«, sagt Christoph Kolb. Seine Ehefrau nickt zustimmend. »Außerdem sieht es so viel schöner aus.«

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