Ära Möller bei der Gießener CDU ist beendet

Gießen-Wieseck (mö/mac). Am Mittwoch um 21.35 Uhr endete für die Gießener CDU eine Ära. Nach elf Wiederwahlen und mehr als 23 Jahren an der Spitze trat Klaus Peter Möller gestern im Bürgerhaus Wieseck nicht mehr für das Amt des Stadtverbandsvorsitzenden an. Mit 95,7 Prozent wurde Frederik Bouffier zu seinem Nachfolger gewählt. 66 der 69 abgegebenen Stimmen entfielen auf den 31-jährigen Juristen.
»Das ist ein tolles Ergebnis. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das Mut macht für die Aufgaben, die vor einem liegen«, sagte Möller. Er wünschte Bouffier »viel Spaß, aber auch ein dickes Fell und starke Nerven«. Bouffier selbst bedankte sich im Beisein seiner Eltern, dem ehemaligen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und dessen Ehefrau Ursula, für den »überwältigenden Vertrauensvorschuss« der gut besuchten Versammlung, die von Europa-Politiker Sven Simon geleitet wurde. Zuvor hatte er seine Pläne für den Stadtverband skizziert (Bericht folgt).
Möller hatte die Gießener CDU seit Dezember 1999 in der Nachfolge von Werner Nohl geführt. Mit 33 Jahren war er damals unwesentlich älter als sein Nachfolger heute. Unter ihm feierte die CDU zunächst beachtliche Erfolge und führte bis 2011 zwei Koalitionen an. Ab 2001 zunächst eine bürgerlich-konservative mit FDP und Freien Wählern als Partner, ab 2006 eine Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP. Großprojekte wie der Rathausbau, die Galerie Neustädter Tor, der Umbau der Fußgängerzone und der Zuschlag für die Landesgartenschau fielen in diese Zeit. 2003 gewann CDU-Kandidat Heinz-Peter Haumann die Oberbürgermeisterwahl und Möller das Landtags-Direktmandat.
Der Verlust des OB-Amts bei der Wahl 2009 beendete die Erfolgsserie der Union in Gießen, die bei der Kommunalwahl 2021 trotz Verlusten immerhin Platz zwei behaupten konnte.
Auf einige der Erfolge ging Möller in seiner letzten Rede als Vorsitzender ein. Er betonte die 15-jährige Regierungsverantwortung innerhalb seiner Amtszeit und erinnerte an die Zeit ab 2001, als man mit »drei guten Themen, einem tollen Team und dem Slogan Die Zeit ist reif« gezeigt habe, was die CDU in Gießen erreichen könne. Möller machte aber auch keinen Hehl daraus, dass sich Politik verändert habe und dass er den Zeiten hinterhertrauere, in denen man sich nach Stadtverordnetenversammlungen parteiübergreifend im Belle Epoque habe vertrauensvoll austauschen können, ohne Angst haben zu müssen, dass dies mal gegen einen verwendet werden würde. »Unmerklich« habe sich in all den Jahren sein gesamtes Leben an der Parteiarbeit ausgerichtet. »Familie, Freunde - alles wird nach den Sitzungen getaktet. Das merkt man aber erst, wenn man von Freunden nicht mehr eingeladen wird, weil man sowieso absagt«, erzählte Möller. Sein Rückzug läge daran, dass ihm mittlerweile die Zeit fehle, alle Ämter zufriedenstellend auszuführen. Und es sei die richtige Zeit, da in Bouffier nun jemand da sei, der das Amt ausüben wolle und könne. »Ich bin mit mir im Reinen«, sagte Möller, der sich auch bei Kritikern bedankte. »An jeder Kritik ist auch etwas dran.« Am Ende wurde Möller mit 84,1 Prozent zum Ehrenvorsitzenden auf Lebenszeit gewählt.