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Abrissparty an der Gesamtschule Gießen Ost

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Von: Kays Al-Khanak

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In dem Interimsgebäude auf dem Gelände der Ostschule ist Platz für 400 Kinder und Jugendliche.	FOTOS: KHN
In dem Interimsgebäude auf dem Gelände der Ostschule ist Platz für 400 Kinder und Jugendliche. FOTOS: KHN © Kays Al-Khanak

Der Umzug von drei Jahrgangsstufen der Gesamtschule Gießen-Ost aufgrund von Baumaßnahmen löst Freude aus. Was vielleicht auch an der zünftigen Abrissparty liegen könnte.

Wie eine zünftige Abrissparty auszusehen hat, ist Interpretationssache: Die einen wollen Mobilar und Gebäude wortwörtlich auseinandernehmen, die anderen ein letztes Mal in leeren Räumen feiern, bevor sie Geschichte sind. Beide Seiten haben eines gemeinsam: Sie nehmen Abschied. Auch an der Gesamtschule Gießen-Ost (GGO) fand jetzt eine Abrissparty statt: Der Osttrakt der Schule wird entkernt und neu gestaltet. Über 300 Partybesucher hatten auf drei Etagen und in 18 Räumen gefeiert, Wände bemalt, Fenster bekritzelt, Musik gehört, Karaoke gesungen und getanzt. Zwei Schüler hätten das Wort »Abrissparty« wörtlich genommen, erzählt Schulleiter Dr. Frank Reuber und schmunzelt. »Aber eigentlich wollten sie nur helfen.«

An der Ostschule werden alte Strukturen in den Gebäuden und Köpfen aufgebrochen. Die meisten Türen sollen Vergangenheit sein. Klassenräume werden dank großer Scheiben einsehbar. Gelernt wird nicht nur in Klassenzimmern, sondern auch in Lernlandschaften. Lehrer sollen keine bloßen Wissensvermittler sein, Schüler lernen immer eigenverantwortlicher. Bis es soweit ist, müssen Gebäude saniert, Umzüge gemeistert und Zwischenlösungen angenommen werden. Am heutigen Freitag wird die Interimsschule an der Ostschule mit einer Feier offiziell eröffnet; bezogen sind die 20 Räume mit Platz für 400 Schüler aber bereits seit einigen Tagen.

Schulleiter Reuber hatte im Vorfeld des Aufbaus der Übergangsschule ganz bewusst nicht von Containern gesprochen. »Es hat sich nie danach angefühlt«, sagt er. Auch viele Eltern hätten bei der Besichtigung der Räume gesagt, sie hätten sich die Interimsschule ganz anders vorgestellt: Weniger heimelig, mehr Baustellenflair. Ein Grund ist, dass die Module Sonderanfertigungen sind - und von der Stadt über ein Mietkaufmodell für insgesamt 3,95 Millionen Euro erworben werden. Das bedeutet: Sonderwünsche sind möglich - und die haben Stadt und Schule auch geäußert.

Zum Beispiel herrscht in der Übergangsschule eine bessere Akustik als in den alten Räumen. »Es ist leiser und hallt weniger«, betont Reuber. Auch die energetische Bilanz kann sich dank Fernwärmeanbindung sehen lassen, sagt Schuldezernentin Astrid Eibelshäuser. Und die bodentiefen Fenster sorgen für viel Licht. Sogenannte E-Screens - digitale Tafelsysteme - sind obligatorisch in den Klassenräumen und sollen perspektivisch auch für andere Schulen angeschafft werden. Außerdem gibt es pro Jahrgang ein Teamzimmer für die Lehrer.

Digitale Tafeln

Architekt Jörn Horn vom städtischen Hochbauamt ergänzt, die einzelnen Module seien Sondergrößen, da bei bis zu 28 Schülern pro Klasse 60 Quadratmeter große Räume benötigt werden. Wenn der Osttrakt in 18 bis 24 Monaten fertiggestellt ist, könnte ein Teil des jetzigen provisorischen Gebäudekomplexes abgetrennt und an einer anderen Schule eingesetzt werden.

Vor zwei Wochen habe der Umzug bereits begonnen, erzählt Reuber: die 5., 6. und 7. Jahrgänge seien in den Mitteltrakt gezogen und die 12er und 13er ins Haus B. Die Jahrgänge 8, 9 und 11 zogen derweil in die Interimsschule. Der Umzug ins Provisorium selbst sei keine langwierige Sache gewesen, sagt Reubers Stellvertreter Stefan Reis. Vier Klassen hätten Stühle und Tische aus dem Osttrakt herausgeschleppt; diese seien von zwei Klassen in Empfang genommen worden. Weitere zwei Klassen hätten die neuen Räume eingerichtet. Unterstützt wurden sie von Umzugshelfern der Stadt.

Die Klassenräume selbst wirken aufgeräumt und hell. Die Gänge sind etwas eng. Jedoch sorgt dort ein kleiner Kniff für eine besondere Atmosphäre und nimmt den Gängen ihre Sterilität: An den Wänden hängen großformatige Porträtfotos von GGO-Schülern in Schwarz-Weiß.

Fragt man Reuber nach seinem Fazit des Umzugs, erzählt er von einer Schülerin. »Sonnenschein« nenne er sie, weil sie immer so strahle. Sie habe ihn ins alte Zimmer der 5c gerufen, um ihm zu zeigen, wie ihre Klassenkameraden und sie alles bunt angemalt hätten. »Für mich war das ein Zeichen, die gesamte Schulgemeinde freut sich auf die Veränderungen.«

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