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17 Tage: UKGM-Mitarbeiter stellen in Gießen und Marburg Ultimatum

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Von: Christoph Hoffmann

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800 Beschäftigte des UKGM haben zu Wochenbeginn gestreikt. Die Leitung des Hauses in Marburg und Gießen kritisiert die Gewerkschaft Verdi.

Gießen - Die Kongresshalle in Gießen ist brechend voll. Im Foyer, auf den Gängen und in der großen Halle tummeln sich die Menschen. Die Besucher sind jedoch nicht gekommen, um etwa Dietrich Faber oder Dieter Nuhr zu sehen. Vielmehr haben über 800 nicht-ärztliche Beschäftigte des Uniklinikums Gießen und Marburg die Kongresshalle für ihren Warnstreik auserkoren. Sie fordern einen Entlastungstarifvertrag und eine Beschäftigungssicherung. Und das binnen der nächsten 17 Tage.

Mitte Dezember hatten die Beschäftigen diese Forderungen an den Klinikbetreiber Rhön übergeben. 4163 Menschen haben das Papier unterschrieben, das auch ein Ultimatum von 100 Tagen beinhaltet: Sollte der Arbeitgeber bis zum 24. März nicht einlenken, wollen die Mitarbeiter in den Streik gehen.

UKGM-Mitarbeiter in Gießen und Marburg meinen es ernst

In der Kongresshalle ist zu spüren, dass es die Angestellten ernst meinen. Zwei volle Tage haben sie sich hier versammelt, um von den Missständen an ihrem Arbeitsplatz zu erzählen, aber auch, um gemeinsam konkrete Forderungen zu erarbeiten. Laut Verdi-Gewerkschaftssekretär Fabian Dzewas-Rehm sind dafür in den vergangenen Wochen tausende Interviews geführt worden. In der Kongresshalle haben sich die Abteilungen zusammengesetzt, um daraus konkrete Forderungen abzuleiten, die dem Arbeitgeber am Donnerstag bei der nächsten Verhandlung präsentiert werden sollen.

Seit Wochen berichten die Mitarbeiter des UKGM von Missständen. Die erhebliche Überlastung mache nicht nur ihnen zu schaffen, sie wirke sich auch negativ auf das Patientenwohl aus. Auszubildende beklagen zudem regelmäßig, dass sie überfordert seien und nichts beigebracht bekämen.

Die Arbeitsbedingungen sind nicht tragbar

 Verdi-Gewerkschaftssekretär Fabian Dzewas-Rehm

Er verweist auf die Mitarbeiterbefragungen, in denen über 90 Prozent der Beschäftigten diese Meinung geteilt hätten. Das Zukunftspapier, auf das sich Landesregierung, UKGM und Rhön-Klinikum jüngst geeinigt haben, sei diesbezüglich unzureichend, meint Dzewas-Rehm. Besonders kritisch sieht er den fehlenden Schutz vor Ausgliederung und Kündigung für die Beschäftigten der UKGM Service GmbH.

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Über 800 nicht ärztliche Beschäftigte versammeln sich in der Kongresshalle - und geben sich auf Plakaten angriffslustig. © Oliver Schepp

Joanna ist Pflegerin in der Kinderklinik. Ihre Abteilung fordert zum Beispiel für den Früh- sowie für den Spätdienst eine Mindest-Schichtbesetzung von einer Pflegekraft für drei Patienten und für den Nachtdienst eine Kraft für sechs Patienten. Aktuell ist das Verhältnis eher 1 zu 6 oder 1 zu 7, im Nachtdienst eigentlich immer 1 zu 8 oder 1 zu 9.

Auch Belastungspunkte sind in vielen Abteilungen Bestandteil der Forderungen. Wir fordern nach drei Belastungspunkten einen Punkt Ausgleich, also einen freien Tag, sagt Joanna. Belastungspunkte erhalten die Mitarbeiter zum Beispiel durch eine Schicht in Unterbesetzung. Zudem setzt sich die Pädiatrie dafür ein, auch einen Belastungsausgleich zu erhalten, wenn bereichsfremde Personen in anderen unterbesetzten Stationen aushelfen müssen.

Gießen und Marburg: Donnerstag nächste Verhandlungsrunde

Der Vorsitzende der Geschäftsführung des UKGM, Gunther K. Weiß, sieht das Vorgehen der Gewerkschaft Verdi kritisch. Vor allem die Tatsache, dass die konkreten Forderungen erst 17 Tage vor Ablauf des Ultimatums präsentiert werden.

„Die Geschäftsführung wird sich selbstverständlich mit den gewerkschaftlichen Forderungen sachlich auseinandersetzen. Dafür müssen wir aber Zeit und Raum haben, die finanziellen Folgen der uns bislang unbekannten Forderungen bewerten zu können. In nur wenigen Tagen nach Vorstellung der konkreten Forderungen zu einem tragfähigen Tarifabschluss zu kommen, stellt eine gewaltige, kaum umsetzbare Herausforderung dar.“

UKGM-Geschäftsführung: Keine Grundlage für Streik in Gießen und Marburg

Daher sieht Weiß derzeit generell keine Grundlage für den Warnstreik. Alle offenen Fragen zur Beschäftigungssicherung und Entlastung am UKGM können am Donnerstag konstruktiv am Verhandlungstisch erörtert werden - dort gehören sie hin. Dass Verdi dennoch für die ersten beiden Tagen der Woche zum Streik aufgerufen habe, bezeichnet der Vorsitzende der Geschäftsführung als völlig unverständlich.

Dzewas-Rehm hingegen ist der Meinung, dass 17 Tage durchaus ausreichen, wenn alle Seiten eine Schippe drauflegen. Abgesehen davon kennt der Arbeitgeber die Rahmenbedingungen seit langem, sagt der Gewerkschaftssekretär und betont, dass Verdi bereits Mitte Dezember zu Tarifverhandlungen aufgefordert habe, das UKGM aber erst am 16. Februar darauf eingegangen sei. (Christoph Hoffmann)

Ultimatum in Gießen und Marburg

Das Ultimatum läuft am 24. März ab. Bis dahin sollen im Stadtgebiet noch etliche Plakate aufgehängt werden, die auf eine große Demonstration am 31. März hinweisen. Sollte das Ultimatum ohne Ergebnis verstreichen, wird sich die Demo in einen Streik verwandeln. Lenkt Rhön ein, sollen bei der Demo die Sektkorken knallen.

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