15 600 Euro Zuschuss für die Tafel
Gießen (kw). Die Stadt will die Hälfte der Mietkosten der Gießener Tafel übernehmen. In diesem Jahr sollen 15 600 Euro Zuschuss fließen. In den nächsten Jahren soll die Unterstützung »verstetigt« werden. Dieses Vorhaben der Koalition aus Grünen, SPD und Gießener Linke fand am Mittwochabend im Sozialausschuss der Stadtverordnetenversammlung einstimmige Unterstützung.
Die Lebensmittel-Verteilung an Bedürftige würde damit erstmals dauerhafte öffentliche Zuwendungen erhalten.
Bisher finanziert sich die fast ausschließlich ehrenamtlich arbeitende Einrichtung unter dem Dach des Diakonischen Werks Gießen nur aus Spenden. Doch nun ist sie - wie viele andere Tafeln auch - in existenzbedrohende Not geraten. Hintergründe sind vor allem die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg: Immer mehr Bedürftige stehen weniger Lebensmitteln, Geldspenden und Ehrenamtlichen gegenüber. Die Tafel hat um Unterstützung der Stadt gebeten, möchte aber keine vertraglich festgelegten Zuschüsse zur Alltagsarbeit. Diese solle möglichst flexibel und unbürokratisch bleiben.
Umdenken bei Tafel-Dachverband
Die Tätigkeit der Tafel wurde im Ausschuss von allen Seiten gewürdigt. Auch ihr Wunsch nach politischer Unabhängigkeit stieß auf Verständnis. Die Opposition nahm aber das Prozedere aufs Korn. CDU sowie Gigg/Volt hatten Anträge zur Unterstützung der Tafel gestellt; erst am Mittwochabend legte Sozialdezernent Francesco Arman (Linke) für die Koalition den Änderungsantrag vor.
Anja Helmchen (CDU) kritisierte den Passus, das Parlament »begrüße«, dass der Magistrat die Tafel bei der Suche nach größeren Räumen längst unterstütze. Erst nach den Initiativen aus der Opposition habe die SPD das Gespräch mit der Tafel gesucht, rügte sie. Arman widersprach: Der Magistrat befinde sich regelmäßig im Austausch mit dem Diakonischen Werk.
Frank Schmidt (SPD) sagte, der Änderungsantrag übernehme die Anliegen der Oppositions-Vorlagen. Über die dauerhafte Form der Zuwendung wolle man Gespräche führen und möglichst auch den Landkreis mit ins Boot holen.
Versorgung von 3500 Menschen
Dem umstrittenen Passus stimmten am Schluss nur die Koalitionäre zu. Beim eigentlichen Antrag zum Mietzuschuss enthielten sich FDP und Gigg/Volt. Beide sehen noch Informationsbedarf.
Die erste Tafel wurde 1993 in Berlin gegründet. Die Idee breitete sich aus, heute zählt der Bundesverband 960 gemeinnützige Initiativen. Sie haben immer Wert darauf gelegt, ohne langfristige Zuwendungen der öffentlichen Hand auszukommen. Tafeln verstehen ihre Tätigkeit nicht als Teil der staatlichen Versorgung, sondern als zusätzliche, möglichst kurzfristige Unterstützung für Bedürftige.
Doch Anfang März leitete der Vorsitzende des Dachverbandes »Tafel Deutschland« Jochen Brühl ein Umdenken ein: Er appellierte an Kommunen, die notleidenden Tafeln mit kostenfreier Energie und Miete zu unterstützen.
Die Gießener Tafel wurde 2005 gegründet. In ihrem zentralen Domizil in der Weststadt sowie fünf Außenstellen versorgt sie 3500 Menschen in Stadt und Kreis regelmäßig mit nicht mehr verkäuflichen, aber noch essbaren Lebensmitteln. 300 Haushalte stehen auf der Warteliste.